Herr Sussenburger: Die erste Frage ist natürlich die, wie es Ihnen derzeit geht?
Hockey „Sonderstellung des Fußballs ist unlogisch“
Düsseldorf · Nico Sussenburger sieht Probleme in der Bevorzugung. Der Damen-Trainer des DHC geht davon aus, dass die Spielzeit in der Hockey-Bundesliga abgesagt wird.
Nicolai Sussenburger ist neben den jeweiligen Trainern der Fortuna, DEG und Borussia wohl der bekannteste und nicht minder erfolgreiche Trainer in der Sportstadt Düsseldorf. Neben dem rein Sportlichen ist der Coach des Damen-Teams des Düsseldorfer Hockey Clubs ein Mensch, der sich auch (öffentlich) Gedanken über das rein Sportliche hinaus macht. Wir sprachen mit dem Zweitplatzierten bei der Wahl zum Trainer des Jahres in Düsseldorf.
Nico Sussenburger: Egal, wie es bei jedem aussieht, man kann aus jeder Situation nur das Beste machen. Das hat man in vielen Jahren im Sport mitbekommen. Die Zeiten sind derzeit von kurios über chaotisch bis tragisch. Aber es gibt auch positive Aspekte. So viel Zeit mit meinen Jungs, die zwei und fünf Jahre alt sind, hatte ich schon lange nicht mehr.
Und wie sehen Sie die Gesamtsituation und die für Ihr Team?
Sussenburger: Für die Wirtschaft ist das für fast alle eine Katastrophe. Das ist aber eine Situation, die man nicht kurzfristig verändern kann. So muss meiner Ansicht nach der Ansatz sein, das Positive herauszuziehen. Das bekommt man auch als Trainer hin. So haben wir angefangen, mit den Spielerinnen ein Videotraining vor allem im athletischen Bereich zu machen. Mannschaftstraining kann das zwar nicht ersetzen, auch das Gruppen-Gefühl kommt dabei nicht so rüber. Zumindest kann man sich fit halten und man hat eine Art von Verbindung zueinander. Man muss in der Beziehung kreativ sein. Es ist auch ein Vorteil, dass sich viele Spielerinnen schon aus den Jugendzeiten kennen und lange zusammen sind. So machen die Mädchen das auch abends, wenn sie dann mit einem Glas Wasser oder Wein vor dem Handy oder PC einen Videocall abhalten.
Wie sieht das Training aus?
Sussenburger: Wir Trainer bieten unsere Athletiksachen an, was Kraft und Stabilität betrifft. Dazu braucht jeder eine Isomatte und ein paar Gegenstände. Dann telefonieren wir uns abends auf die Reihe. Derzeit weiß ja auch niemand, wie und ob es überhaupt noch weitergeht. Dafür sollte man sich vorbereiteten. Und wenn es dann nur für die Bikini-Figur sein sollte (lacht). Schaden wird das niemandem.
Gibt es denn schon Anzeichen, wie es weitergehen wird?
Sussenburger: Es wird abgewartet, wie die Empfehlungen der Politik am 14. oder 15. April aussehen werden. Mit dem Trainer des UHC Hamburg, Claas Henkel, bin ich gemeinsam Sprecher der Damen-Bundesliga, und wir sind in die Entscheidungsfindung eingebunden. Es gibt diverse Szenarien. Durch die Olympia-Absage haben wir die theoretische Möglichkeit, noch im Juni und Juli zu spielen. Die Pro-League ist ausgesetzt, und Spielerinnen aus Übersee werden sicherlich nicht mehr nach Europa kommen. Ich persönlich glaube aber nicht mehr daran, dass in den nächsten zwei Monaten noch etwas stattfinden wird. Das wird politisch trotz des vergrößerten Zeitfensters niemand verantworten wollen.
Wie sehen Sie denn die Ausnahmeregelung der Profi-Fußballer?
Sussenburger: Ich finde es irgendwie unlogisch. Man kann es unter dem Aspekt ,Brot und Spiele’ betrachten, damit man abends am Fernseher noch Fußball sehen kann. Da wird immer so süß argumentiert, wie viele Arbeitsplätze daran hängen. Wenn man aber Einzelhandel, Gastronomie und Selbständige sieht und an Kurzarbeiter denkt, sind das am Ende deutlich mehr Leute, die ihrem Job nicht oder nicht richtig nachgehen können. Die exponierte Sonderstellung des Fußballs finde ich also unrealistisch. Wenn das öffentliche und soziale Leben weitergeht, kann auch gerne wieder Fußball gespielt werden. Und Hockey natürlich. Und die Kinder können wieder in die Kindergärten. Extrawürste ergeben da keinen Sinn. Es muss eine gemeinsame Lösung geben. Wenn die Fußballer die Testkapazitäten selber bezahlen wollen, dann ist das gut und schön, das können wir aber mit einer Amateursportart nicht stemmen.
Wie geht es überhaupt mit dem Sport weiter? Wird alles künftig vom Fairplay-Gedanken geprägt?
Sussenburger: Das ist eine scheinheilige Diskussion. Wenn man sich alle großen Krisen der vergangenen 100 Jahre anschaut, ob sie vergleichbar sind oder nicht. Am Ende haben die Leute gar nichts daraus gelernt. Aus der Bankenkrise ist auch nicht mehr Solidarität erwachsen. Im Hockey wird sich grundsätzlich wenig ändern. Ich hoffe nur, dass die Mäzene und Sponsoren ihre Unterstützung beibehalten werden. Darauf sind wir angewiesen. Es hängt mit dem Geld zusammen, was man für Möglichkeiten hat. Die Sportart wird hoffentlich weiter so sympathisch rüberkommen. Es gibt beim DHC natürlich Einbußen, was Gastronomie, Tennishalle und so weiter angeht. Es ist eine schwierige Phase, aber wir werden uns nicht in einem halben Jahr darüber unterhalten, dass wir wirtschaftlich im Mittelalter gelandet sind. Allerdings stehen erst einmal ganz andere Dinge im Vordergrund.