Ruder-Olympiasieger Klaus Riekemann Mit 80 Jahren um die Welt

Der Ruderclub Germania Düsseldorf fühlt sich wohl in Hamm. Zwar war er zu Beginn seiner mehr als 115-jährigen Vereinsgeschichte im Berger Hafen beheimatet, doch seit Jahrzehnten steht sein Klubhaus am Rhein in Hamm.

Klaus Riekemann (2.v.l.) bei den World Masters in Ungarn im Vorjahr. Der heute 80-Jährige ist eins von zehn Mitgliedern des Ruderclubs Germania Düsseldorf, die im Ausland leben.

Foto: RCGD (Maren Derlien)

Genauso wohl fühlt er sich allerdings in der weiten Welt. Die Germanen rudern auf allen Kontinenten – und haben sogar Mitglieder in diversen Ländern, in Belgien, in Großbritannien, in der Schweiz, in Spanien, in Norwegen und sogar in Chile.

Einer davon ist Klaus Riekemann aus Bath in England. 80 Jahre ist der mittlerweile alt – und trotzdem so aktiv wie eh und je. Bis heute sitzt Riekemann im Ruderboot, meist im Trikot des Minerva Bath Rowing Club. Mit und für den gewann er allein von 2012 bis 2018 insgesamt 29 der 31 Rennen der World Masters, die in allern Herren Länder stattfinden. Erst 2019 in Ungarn riss die Siegesserie, Riekemann holte „nur“ zweite Plätze, was ihn für 2020 besonders anspornte. Doch dann kam die Corona-Pandemie. Aber weil er ohne seinen Sport nicht kann, kaufte er sich einen Ergometer und reißt nun darauf seine Kilometer ab.

Seit knapp 20 Jahren lebt er in England. Den Kontakt nach Düsseldorf hat er aber nie verloren. Feierte er in seiner Zeit am Rhein doch seinen größten Erfolg: die Goldmedaille im Vierer mit Steuermann bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom.

Angefangen hatte der gebürtige Dorstener 1956 im Ruderclub Marl. Bereits 1958 und 1959 wurde er Europameister im gesteuerten Zweier. Doch dann fiel das Team auseinander, und Klaus Riekemann wechselte zur Germania, um sich optimal auf Olympia vorbereiten zu können. Zwar war im erfolgreichen Vierer mit Steuermann, Europameister 1959, kein Platz für den Neuen. Doch bald formierte sich ein weiterer Vierer bei der Germania. Und weil der erste schwächelte, wurden die beiden Teams durchgemischt. Trainer Theo Cohnen setze Riekemann zu seinen früheren Zweiergegnern Gerd Cintl und Horst Effert, zu Steuermann Michael Obst sowie zu Jürgen Litz. Am Ende gab es Gold in Rom.

Aufregend ging es weiter. Allerdings auf eine andere Art: Nach der EM-Qualifikation in Ost-Berlin gab es ein Ereignis von historischem Ausmaß: „Am Morgen des 13. August um 5 Uhr hieß es: ,Schnell, schnell, schnell. Tasche packen!‘ Dann wurden wir nach West-Berlin gefahren. Die Nachricht war, dass die ostdeutsche Regierung die Grenze um Berlin zumachte“, erinnert sich Riekemann. Er war neugierig und ging zum Brandenburger Tor. „Dann sah ich, wie mit nur hundert Meter Abstand unter dem Brandenburger Tor die russischen und amerikanischen Panzer standen. Gleichzeitig wurde der berüchtigte Stacheldrahtzaun gelegt. Das geschichtlich wahnsinnig denkwürdige Ereignis habe ich hautnah erlebt.“

Nach der folgenden EM – die Düsseldorfer gewannen Bronze – beendete Riekemann seine Karriere. Besser: Er unterbrach sie. Das tat er für seinen Beruf, der ihn in den Jahrzehnten danach mehrmals über den Atlantik führte. Nach dem Studium in Weil am Rhein an der Schweizer Grenze arbeitete er im Management einer bekannten US-amerikanischen Firma. Mit seiner ersten Frau Ingrid bekam er zwei Töchter, die Trennung blieb jedoch nicht aus. 1979 ging er beruflich bedingt nach Swindon in England, wo er 1982 seine heutige Frau Jane kennenlernte. 1984 zogen sie zurück nach Düsseldorf, um einen Betrieb in Ratingen aufzubauen. Doch noch vor der Fertigstellung kam schon ein Hilferuf aus den USA. Also ging es 1985 gleich wieder nach Miami, um gegen Mitte des Jahres wieder nach England zu reisen und zu heiraten. Von dort ging es weiter nach Chicago, noch mal zurück nach Düsseldorf und 2001 schließlich nach Bath im Südwesten Englands, wo er seit 2004 im Ruhestand lebt und – und auch wieder rudert.

Das kam allerdings eher zufällig: Klaus Riekemann ging mit einem Freund an den Fluss Avon und wollte ein Bier in dem dortigen Restaurant trinken. Das war aber geschlossen, also liefen sie umher und kamen an ein paar Ruderbooten vorbei. „Als ich meinem Freund ein wenig zu den Booten erklärte, kam ein Mann vorbei und fragte, ob ich rudern könne und ob ich Interesse hätte. So kam ich dann zum Minerva Bath Rowing Club.“

Seit 2011 gehört er dem an und gewinnt Medaillen und Trophäen für den Verein. Zudem hilft er beim Ausbau des Klubhauses oder sammelt Spenden. So strich er einige Riemen am Blatt golden und fuhr nach Henley zum Ruderstützpunkt. Dort traf er die beiden Olympiasiegerinnen von 2012 und 2016, die im Minerva Bath Rowing Club das Rudern lernten, und ließ sie auf dem Blatt unterschreiben. Anschließend verkaufte er die Riemen, mit Erfolg. Zudem ist Riekemann auch regelmäßig beim Austausch mit der befreundeten Rudervereinigung ARZV Alkmaar aus den Niederlanden dabei, die sich jedes Jahr gegenseitig besuchen.

Mindestens einmal im Jahr kommt er auch beim VfB Hüls (Ruderclub Marl) vorbei, um den nach ihm benannten Riekemann-Preis zu vergeben. Und natürlich lässt er sich dann auch gern in Düsseldorf blicken. Erst Ende vergangenen Jahres besuchte er die Germania. Den alten Klub aus Hamm, mit dem er einst seinen größten Erfolg feierte.