Maria Stuarda: Die Banalität des Öden
Guy Joosten inszeniert Gaetano Donizettis Stück an der Rheinoper im Theater Duisburg. Die Produktion war stellenweise ermüdend.
Einheitsbühnenbilder können konzentriert und spannend sein. Regisseur Guy Joosten ließ in der Vergangenheit verschiedene Szenen von Opern schon oft vor ein und derselben Kulisse ablaufen. Einmal mehr entschied er sich für die schlichte Lösung in der Neuinszenierung von Gaetano Donizettis Oper „Maria Stuarda“ nach Friedrich Schillers Trauerspiel. Doch leider geriet die Produktion etwas ermüdend.
Der berühmte Opernregisseur hat sich viel Kluges gedacht. Er hat den Gedanken, dass nicht nur Maria Stuart im Gefängnis hockt, sondern, alle Beteiligten — auch die mächtige Schwester Elizabeth — Gefangene der Verhältnisse sind. Ganz zum Schluss sind gar die Rollen visuell vertauscht: Während Maria in einem blutroten Kleid auf einem Bar-Tisch steht und sich auf die ewige Freiheit im Jenseits freut, steht Königin Elizabeth wie versteinert im Hintergrund, wo sich Gitterstäbe vor sie schieben.
Die Interpretation ist natürlich zulässig, doch passt sie nicht ganz zu Donizettis verklärt kulinarischer Adaption des Sujets. Der italienische Komponist greift ja auch im Tragischen oft zu Dur-Tonarten und Dreivierteltakt. Freie Geister werden hierin keinen zwingenden Grund sehen, auf der Bühne etwas Adäquates zu zeigen. Doch birgt der Kontrast zwischen Bild- und Tonsprache hier nur sehr wenig Neues.
Ödnis muss nicht immer eindrucksvoll beklemmend wirken. Ein Getränkeautomat in der unteren Ebene der Bühne setzt den buntesten Tupfer. Dass dann aber Maria Stuarda mit Kreide auf die Gefängnismauern schreibt: „In my end is my beginning“ — „In meinem Ende ist mein Anfang“ grenzt in seiner plakativen Direktheit schon ans Banale. Joostens Personenregie erregt wenig aufsehen, zeugt aber von solidem Regiehandwerk.
Nun besitzt das Libretto von Giuseppe Bardari nicht ganz die Tiefenschichten des Schiller-Schauspiels. Und trotz gelegentlicher Dramatik vor allem an den drei Aktschlüssen geht es bei Donizetti, wie in allen seinen Opern, vorrangig um Belcanto. Schöne Stimmen, brillante Gesangstechniken, vokale Akrobatik machen den Reiz der Kompositionen aus. Die Handlung bietet hauptsächlich nur den Anlass für die Kapriolen der Kehlen. Und wenn stimmlich ausnehmend gut ausgestattete Sänger auf der Bühne stehen, kann das Stück zum Hörgenuss führen.
Doch hier bleibt der Kick aus. Den besten Eindruck macht Sopranistin Olesya Golovneva in der Titelpartie. Ihr Timbre besitzt den nötigen Glanz und Schmelz für eine große Donizetti-Partie. Die Intonation lässt keine Wünsche offen und auch darstellerisch hat die russische Sopranistin genügend Dramatik und Ausstrahlung für die Rolle der gedemütigten Monarchin. Von diesem hohen Niveau hätte man gerne mehr gehabt. Doch bereits ihr Bühnenpartner Gianluca Terranova als Conte di Leicester enttäuscht: Er besitzt zwar eine hübsch grazile Tenorstimme, doch wirkt der Sänger im Bereich der hohen Lagen angestrengt.
Die amerikanische Sopranistin Mary Elizabeth Williams als Königin Elisabetta I. besitzt zwar nur wenig vokalen Schmelz, dafür aber kräftiges Metall in der Stimme. Das passt zu der eisernen Herrscherin.
Schmissig, aber klanglich blass musizieren die Duisburger Philharmoniker unter der Leitung des Rheinopern-Kapellmeisters Lukas Beikircher. Das Publikum reagiert verhalten vor allem beim obligatorischen Szenenapplaus nach Arien- und Ensemble-Schlüssen. Zum Glück besitzt die Schlussszene, in der Maria ihren Mantel ablegt und nun im feuerroten Kleid auf einem Podest steht, mehr Strahlkraft. Für Golovnevas Maria Stuarda gibt es am Schluss auch den herzlichsten Beifall.