Kommentar Mehr Feingefühl
Wenn vor dem Amtsgericht Mitarbeiter des Ordnungs- und Servicedienstes als Zeugen geladen sind, treten sie nicht selten mit einer ganzen Hausmacht im Saal auf. Denn auf den Zuschauerplätzen sitzen als „Beobachter“ oft Kollegen in Uniform, die mit dem aktuellen Verfahren gar nichts zu tun haben.
Sind das Einschüchterungsversuche oder ist es nur kollegiale Unterstützung? Fest steht, dass die Aussagen der OSD-Mitarbeiter praktisch nie angezweifelt werden.
Ob die städtische Ordnungsmacht dabei das nötige Fingerspitzengefühl zeigt, stand aber schon mehrfach zur Diskussion. Der Fall von Jörg Hilden gehört zweifellos dazu. Muss der Streit mit einem Mann, der nur einen Arm hat, dermaßen aus dem Ruder laufen? Zumal man sich von vielen anderen Begegnungen schon kannte. Dazu passt, dass die beiden OSD-Mitarbeiter schon im ersten Prozess fast wortgleiche Aussagen vorgelegt hatten, was der Amtsrichter damals kritisierte.
Wenn Streetworker Oliver Ongaro sagt, dass der Konflikt ganz anders gelöst worden wäre, wenn der „Missetäter“ Anzug und Krawatte getragen hätte, hat er vermutlich recht. Er und seine Kollegen hatten gehofft, dass mit dem neuen Oberbürgermeister auch eine neue Kultur beim Umgang mit den Verkäufern der Obdachlosen-Zeitung einsetzen würde. Bis jetzt wartet man darauf allerdings vergeblich.