Morgen wird alles besser: Viel Glück beim guten Vorsatz!
Nur noch die Silvesternacht trennt uns vom Dasein als besserer Mensch. Jedenfalls in der Theorie.
Düsseldorf. Am Freitag um Mitternacht wird mal wieder alles anders. Dann läuft sie endlich ab, diese Frist der Unvollkommenheit, die uns noch vom Dasein als schönere, gesündere und bessere Wesen trennt.
Der Wunsch, im Leben eine Art „Reset-Taste“ drücken zu können, ist zutiefst menschlich und wohl jedem vertraut. Die Neujahrsnacht ist eben die Nacht, in der man sich schon einmal so richtig freuen kann auf das künftige Leben als allseits beliebter und erfolgreicher Nichtraucher, der morgens im Jogginganzug (Größe 36) im Park topfit seine Runden dreht.
Doch den meisten schwant schon, dass neben Disziplin und Willenskraft auch Glück vonnöten sein wird. Das Leben ohne Nikotin ist ein Klassiker auf der Liste der guten Vorsätze. Wie schwer es Menschen wirklich fällt, gerade von diesem Laster zu lassen, weiß Petra Meisel. Die Diplom-Sozialwirtin leitet im Auftrag der AOK Rheinland an der Kasernenstraße Raucher-Entwöhnungskurse.
Sie beginnt ab Januar, Entzugswilligen zu einem Leben ohne Qualm zu verhelfen und sagt: „Gerade das Rauchen aufzugeben, ist ein sehr grundsätzlicher Einschnitt, den viele als Verlust empfinden. Interessanterweise ist es für die meisten kein Problem, aufgrund eines Verbots nicht zu rauchen. Ein freiwillig gefasster Entschluss ist schwerer umzusetzen.“
Ganz oben auf einer Rangliste der guten Vorsätze für 2011 steht übrigens der Wunsch nach weniger Stress und mehr Zeit für die Familie. Dass sich bei diesen Menschen jedoch ab Samstag tatsächlich alles zum Guten wendet, bezweifelt der Diplom-Psychologe und Personal Coach Sören Brodersen, der ebenfalls im Auftrag der AOK arbeitet.
Allerdings: Oft sei der tatsächliche Wunsch zur Veränderung nicht stark genug, um von alten Verhaltensmustern zu lassen. Vor allem, wenn die Familie davon gar nicht so begeistert ist.
„Beruflich sehr engagierte Leute stellen fest, dass ihre Familien mit der plötzlichen Aufmerksamkeit nichts mehr anfangen können. Die hören von ihren Kindern ,Du nervst‘, wenn sie gemeinsame Aktivitäten vorschlagen. Da sind Rückfälle in alte Verhaltensmuster programmiert“, sagt Brodersen.
Er rät seinen Klienten, die persönliche Bedeutung ihrer Vorsätze erst einmal auf einer Skala von null bis sieben einzuordnen. Bei Führungskräften, die sich einen besseren Umgang mit ihren Mitarbeitern vornehmen, sei eine Änderung besonders schwer. „Da erfordert eine Änderung dauerhaftes, hartes Training und nicht bloß die Umsetzung eines guten Vorsatzes.“
Ute Gerwig ist Trainingsleiterin bei den Weight Watchers und hält Neujahr für einen guten Zeitpunkt zur Veränderung: „Dann sind die vielen Feierlichkeiten mit ihren Versuchungen vorbei und die Leute haben sich schon länger mit ihrem Vorsatz beschäftigt. Wichtig ist, sich dann nicht zu viel vorzunehmen, sondern in kleinen Schritten realistische Ziele zu verfolgen.“
Auch die 24-jährige Patricia Lopes kämpft beruflich gegen den inneren Schweinehund anderer. Ihre Aufgabe ist es, eine möglichst große Zahl derer, die um den Jahreswechsel hochmotiviert in das Fitness-Studio „Ladyfitness“ an der Aachener Straße strömen, bei der Stange zu halten. „Früher hatten wir alle Urlaubssperre“, erzählt sie. Dennoch war die Zahl der Karteileichen bereits im Sommer groß.
Jetzt ist man dazu übergegangen, die Teilnehmerinnen zu Hause anzurufen, um sie mit sanftem Druck an Kurstermine zu erinnern. „Wir treten unsere Teilnehmer schon ein bisschen, aber es zeigt Erfolg“, berichtet sie.
Und an den glauben wir auch am Freitag wieder fest, wenn wir um Mitternacht das Glas erheben und uns sicherheitshalber noch eine dicke Portion Glück dazu wünschen.