Nach Tod eines 19-Jährigen in Düsseldorf 14 Videokameras am Burgplatz: Was die Ermittler bisher herausfinden konnten
Altstadt · Die Ermittlungen zum tödlichen Streit in der Altstadt gestalten sich schwierig. Vermutlich sind die Gruppen zufällig aufeinandergetroffen.
Nach der Auseinandersetzung in der Altstadt, bei der ein junger Mann tödlich verletzt worden ist, gestalten sich die Ermittlungen der Polizei schwierig. In der Nacht zu Samstag gegen 1.45 Uhr war ein 19-Jähriger bei einem Streit zwischen zwei Gruppen am Burgplatz mit einer abgebrochenen Glasflasche attackiert worden. Er trug schwere Stichverletzungen am Oberkörper davon. Noch in der Nacht wurde er notoperiert, sein Zustand blieb tagelang kritisch. Am Dienstagnachmittag starb er in einer Klinik. Wie die Obduktion am Mittwoch zeigte, starb der 19-Jährige an einem „enormen Blutverlust“ durch eine Stichverletzung am Herz, so die Staatsanwaltschaft.
Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln nun wegen Totschlags. Zu der Auseinandersetzung zwischen den zwei Gruppen kam es am Burgplatz hinter dem Schlossturm. Zwar hat die Polizei in der Altstadt insgesamt 14 Videokameras installiert, davon drei allein am Burgplatz – der Tatort liegt nach bisherigen Erkenntnissen aber außerhalb des überwachten Bereichs, so der zuständige Staatsanwalt. Zeugen hatten in der Nacht gegen 1.45 Uhr die Schlägerei beobachtet und waren auf den verletzt am Boden liegenden jungen Mann aufmerksam geworden. Vom Täter fehlt laut Polizei bislang jede Spur – er war in eine unbekannte Richtung geflohen.
Das erschwert die Ermittlungen ungemein, so die Ermittler. Noch immer sei nicht klar, wie viele Personen an der Auseinandersetzung beteiligt und wie groß die beiden rivalisierenden Gruppen waren. Die Ermittler stützen sich auf Zeugenaussagen. „Wir haben sehr unterschiedliche Schilderungen zu dem Tathergang“, sagte der Staatsanwalt am Mittwoch. „Wir können den Verlauf der Auseinandersetzung noch nicht eindeutig rekonstruieren.“
Der 19-Jährige kam aus Bottrop und war – wie viele Besucher der Altstadt – zum Feiern nach Düsseldorf gekommen. Der Staatsanwalt geht von einem zufälligen Aufeinandertreffen der beiden Gruppen aus. Warum zwischen ihnen ein Streit entstand, ist unklar. Der Staatsanwalt nimmt aber an, dass es um etwas „vollkommen Nichtiges“
ging.
Dass es beim Aufeinandertreffen von Betrunkenen zu gewalttätigen Szenen kommt, passiert nachts in der Altstadt immer wieder – Glasflaschen können dabei schnell zur gefährlichen Waffe werden. So wurden allein in derselben Nacht am vergangenen Wochenende zwei weitere Altstadt-Besucher mit Glasflaschen am Kopf verletzt, einer vor einem Club auf der Heinrich-Heine-Allee, ein anderer vor einer Diskothek in der Mertensgasse. Beide mussten im Krankenhaus behandelt werden. Im Mai schwebte ein junger Mann, der bei einem Streit im Hofgarten mit einer Glasflasche verletzt wurde, in Lebensgefahr. Der Tod des 19-Jährigen, der am Burgplatz angegriffen wurde, ist nun der vorläufige tragische Höhepunkt einer Reihe von ähnlichen Auseinandersetzungen in der Altstadt.
Wie groß die beiden Gruppen waren, die in der Nacht zu Samstag aufeinandertrafen, ist ebenfalls noch offen. Ebenso müsse geklärt werden, welche Personen tatsächlich an der Auseinandersetzung beteiligt waren und welche nur vorbeigelaufen sind, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Die Videokameras der Polizei am Burgplatz könnten hier hilfreiche Hinweise liefern – sie könnten etwa den Täter auf der Flucht zeigen. Die Auswertungen der Aufnahmen laufen demnach noch.
Große Trauer und Bestürzung über den Tod des jungen Mannes
Die Trauer und die Bestürzung über den Tod des jungen Mannes sind groß. „Ich bin fassungslos über diese Gewalttat, die zum Tod eines jungen Menschen geführt hat“, sagte Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) am Mittwoch. „Mein Beileid und meine Gedanken gelten den Angehörigen und Freunden des Verstorbenen in dieser schweren Stunde.“
Nur zwei Tage vor dem tödlichen Streit hatte Keller ganz in der Nähe des späteren Tatorts ein neues Konzept vorgestellt, das die Gassen in der Altstadt sicherer und sauberer machen soll. Das Thema bewegt die Stadt schon lange. 2008 hatte ein Dienstgruppenleiter der Altstadtwache einen achtseitigen Brandbrief geschrieben und eine öffentliche Debatte um die Sicherheit in der Altstadt ausgelöst. In der Corona-Pandemie hat sich die Problematik zugespitzt: An Wochenenden kommen tausende Menschen in die Gassen zum Feiern unterm freien Himmel. Die Polizei berichtet seit Monaten von dem Phänomen eines „Schichtwechsels“ am späten Abend. Die Beamten bekommen es dann mit aggressiven Gruppen zu tun, die es teilweise gezielt auf Konfrontation anlegen.
Keller hatte in seinem Wahlkampf eine „Null-Toleranz-Strategie“ angekündigt. Das neue Sicherheitskonzept enthält unter anderem: mehr Beleuchtung an der Promenade, eine weitere Aufstockung der Ordnungskräfte und eine gemeinsame Anlaufstelle von Polizei und Ordnungsamt am
Rathausufer.