Nachwuchskünstler spielt eine Kneippkur für die Ohren

Der junge Musikpreisträger Julian Trevelyan gab einen Klavierabend im Robert-Schumann-Saal. Und bewies seinen 18 Jahren zum Trotz viel Reife.

Foto: Hannah Couzens

Im Rahmen der Reihe „Talente entdecken“ kam der britische junge Pianist Julian Trevelyan in den Robert-Schumann-Saal. Kennzeichen des Konzertformats, das die Leitung des Schumann-Saals gemeinsam mit der Agentur Heinersdorff und der Firma Steinway gestaltet, ist die Präsentation junger Pianisten, die kürzlich einen internationalen Klavierwettbewerb gewonnen haben.

Julian Trevelyan (18) errang vor gut zwei Jahren Platz 1 beim Grand Prix Marguerite Long in Paris. An der Seine lebt der junge Mann auch derzeit und studiert, unterstützt von einem Stipendium, an der renommierten École normale supérieure. Trevelyan ist ein ungewöhnliches Talent. Er spielt nicht nur Klavier, sondern auch Geige, macht Kammermusik in einem festen Ensemble und hat in so jungen Jahren bereits ein — man höre und staune — Geologiestudium abgeschlossen.

Dass der Tausendsassa glänzend Klavier spielt, steht angesichts seiner hohen Auszeichnungen außer Frage. Aber er hat eine gewöhnungsbedürftige Art zu musizieren. Zunächst fällt die Programmfolge auf. Mit ihr unternimmt der Pianist einen Zickzackkurs durch die Welt der Musik. Los geht es mit Ludwig van Beethovens später Klaviersonate As-Dur op. 110, gefolgt von einer kurzen, flirrenden Etüde („Der Zauberlehrling“) von György Ligeti und einem frühbarocken Stück William Byrds; danach geht es wieder ins 19. Jahrhundert mit der Vierten Ballade von Frédéric Chopin, und kurz vor der Pause wird es französisch-impressionistisch mit der Freudeninsel „L’Isle joyeuse“ Claude Debussys.

Ein klangliches Wechselbad ist das, sozusagen eine Kneippkur für die Ohren. Das Klavierspiel selbst birgt ebenfalls starke Variationen. Beethoven interpretiert Trevelyan analytisch klar, aber auch zaghaft trotz mancher Akzente. Der Brite greift weder zu dickem Pinsel, noch langt er tief in den Farbtopf. Sein Beethoven-Spiel — ebenso seine Darbietungen von Werken Mozarts und Chopins — wirkt wie eine feine Tuschezeichnung.

Erstaunlicherweise geht er mit dem Schlusswerk des Abends etwas anders um. Zu Gehör kommt als Höhepunkt die Humoreske von Robert Schumann, ein mehrsätziges Opus mit vielen Facetten zwischen Groteske, Ironie, feiner Lyrik und majestätischer Grandezza. Man merkt: Schumanns Humoreske ist Trevelyans Paradestück. Er spielt es enorm präzise und differenziert. Jedes Detail kommt zum Vorschein, auch emotional geht der Teenager etwas mehr aus sich heraus. Aber er spielt sich nicht in den Vordergrund, sondern bringt den Hörer dazu, an Schumann zu denken und seine ungemein vielschichtige und farbige Art zu komponieren. Für den herzlichen Beifall gibt es zwei Zugaben: einen Mozart-Sonatensatz und eine Brahms-Rhapsodie.