Neue Rheingold-CD von Bodo Staiger: „Ich bin noch da“

Nach 33 Jahren ist mit „Im Lauf der Zeit“ wieder eine neue Rheingold-CD erschienen.

Düsseldorf. Wer gewohnt ist, in einem modernen, antiseptischen Studio aufzunehmen, für den wirkt Bodo Staigers Rheinklang-Studio wie eine Hexenküche. Hier sind Regie und Aufnahmeraum noch getrennt, es darf geraucht werden und es werden richtige Instrumente eingespielt, wenn es möglich ist. 1984 hatte Staiger mit seiner Band Rheingold zuletzt ein Album vorgelegt. Nun hat sich der 68-Jährige drei Jahre Zeit genommen, um eine neue CD aufzunehmen. „Im Lauf der Zeit“ heißt das Werk und ist seit einigen Tagen in allen Plattenläden und im Internet zu haben.

Foto: Sergej Lepke

Erstaunlich frisch klingen die zehn Songs auf dem Album, auf dessen Cover Fotos von alten Mitstreitern des ehemaligen NDW-Pioniers zu sehen sind, darunter Marius Müller-Westernhagen, Studio-Legende Conny Plank oder die Lilac Angels, mit denen Staiger ebenfalls Anfang der 70er Jahre eine Platte eingespielt hatte. „Das Ganze soll ein Rückblick sein, aber kein Rückschritt“, sagt er und das hört man auch bei jedem Ton.

Ganz und gar nicht düster sind die typischen Rheingold-Texte, und zwar mit voller Absicht. „In den letzten Jahren sind sehr viele Freunde und Kollegen gestorben. Ich wollte einfach ein Zeichen setzen: Ich bin noch da. Das Positive ist mir sehr wichtig gewesen. Ich wollte Haltung zeigen gegen den aktuellen Herzschmerz. Und ich wollte ein Album machen, das eine eigene Seele hat.“

Typisch für Rheingold ist die Mischung aus Gesang und Instrumental-Stücken. Mit „Kraut“ ist gleich der Opener eine Hommage an die Zeiten vor der Neuen Deutschen Welle. Damals spielte Staiger zusammen mit Marius Müller-Westernhagen in der Rockband Harakiri Whoom.

In diesen Jahren entwickelte sich die Düsseldorfer Szene rasant. Jürgen Engler gründete mit Male die erste deutsche Punkband, die Toten Hosen und Kraftwerk fanden sich zusammen und Doro Pesch schickte sich an, die internationale Metal-Szene zu erobern. Doch anders als in Köln habe es unter den Musikern nie das Gefühl gegeben, dass man irgendwie zusammen gehört. Zwischen den verschiedenen Bands gibt es bis heute kaum Kontakte, geschweige denn gemeinsame Projekte.

Staiger gründete damals, beeinflusst von Kraftwerk und La Düsseldorf, seine Band Rheingold. „Ich hatte Erfolg und damit war ich aus der Szene draußen“, sagt er mit einer Portion Selbstironie. Nach drei Alben und mehreren Single-Hits wie „Dreiklangsdimensionen“ legte er seine Band auf Eis. Das vierte Rheingold-Album ist nie erschienen. Als die Neue Deutsche Welle mit belanglosen Songs von Fräulein Menke oder Peter Schilling im Radio rauf und runter lief, wählte der Düsseldorfer den geplanten Ausstieg.

Kurz war sein Ausflug ins Filmgeschäft. In dem Horrorstreifen „Der Fan“ spielte Staiger 1982 die Hauptrolle neben Desiree Nosbusch, die ihren vergötterten Star umbringt und dann portionsweise verspeist. Danach zog sich Staiger in sein Rheinklang-Studio zurück. Bis heute.

„Ich kann Radio kaum noch hören. Das ist alles die gleiche Suppe“, so das Statement des Produzenten. Mit „Im Lauf der Zeit“demonstriert Staiger als Ein-Mann-Band, dass es auch anders geht. Eingängige Melodien, herrlich verspielte Gitarren-Arrangements und dazu die typischen Rheingold-Texte. „Der verlorene Glaube, das verlorene Glück, nur das Vertrauen bringt sich ins Leben zurück“, heißt es in dem eingängigsten Lied der CD. Im Leben zurück ist ganz klar auch Bodo Staiger.