Finanzen Nachtragshaushalt in NRW: Landesregierung nimmt neue Schulden auf

Düsseldorf · In Nordrhein-Westfalen wird die schwarz-grüne Landesregierung einen Nachtragshaushalt noch für das laufende Jahr einbringen.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Dafür soll die Konjunkturkomponente der Schuldenbremse in Anspruch genommen werden. Grund: NRW wird nach der aktuellen Steuer-Schätzung in diesem und in den Folgejahren insgesamt mit weniger Steuereinnahmen auskommen müssen als noch im Herbst 2023 angenommen.

Über den gesamten Schätzzeitraum 2024 bis 2028 werden für den Landeshaushalt Mindereinnahmen von 4,9 Milliarden Euro gegenüber dem ursprünglichen Planungsstand erwartet, teilte das NRW-Finanzministerium am Mittwochnachmittag mit. Für das laufende Haushaltsjahr 2024 werde mit Steuermindereinnahmen von rund 1,2 Milliarden Euro und in 2025 mit Steuermindereinnahmen von rund 1,3 Milliarden Euro gegenüber der Finanzplanung aus dem letzten Jahr gerechnet. Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) bestätigte am Mittwochnachmittag die Tatsache: „Diese Auswirkungen der Steuerschätzung kompensiert Nordrhein-Westfalen durch die Inanspruchnahme der Konjunkturkomponente, die in der Schuldenbremse verankert ist. Sie wird über einen Nachtragshaushalt eingebracht.“

Auf dieser Basis könne der Haushalt 2024 planmäßig vollzogen werden, wie es aus dem Ministerium heißt. Darüber hinaus werde die Landesregierung ihren eingeschlagenen Weg der sparsamen Haushaltsbewirtschaftung fortführen, hieß es. Zur Einordnung verfasste das Ministerium, Nordrhein-Westfalen könne sich von der schwachen allgemeinen konjunkturellen Entwicklung nicht abkoppeln. „Auch die bestehenden strukturellen Probleme – Fachkräftemangel, stagnierender Konsum, gedämpfte Investitionsbereitschaft, demographische Entwicklung, hohe Regulierungsdichte, sowie die notwendige Dekarbonisierungspolitik – weisen darauf hin, dass sich das Wirtschaftswachstum auch in den kommenden Monaten schwach entwickeln wird.“

Zudem bedeute die vom Bund Ende 2022 beschlossene Steuerentlastung eine dauerhafte Belastung des nordrhein-westfälischen Haushalts von über 4 Milliarden Euro pro Jahr, hieß es aus dem Finanzministerium. Die Wirkung dieser Maßnahme sei für die Bürger kaum merklich und weitgehend verpufft.

SPD und FDP geißelten den Plan der schwarz-grünen Koalition mit scharfen Worten. „Schwarz-Grün schlägt in der Finanzpolitik eine Kapriole nach der nächsten. Der vermaledeite Haushalt für das Jahr 2023, der aktuell noch vom Verfassungsgerichtshof geprüft wird, war da offenbar erst der Anfang. Auch der Haushalt für das laufende Jahr scheint ein Schuss in den Ofen zu werden“, sagte Alexander Baer, SPD Finanzpolitiker. „Von solider Finanzpolitik ist in NRW nichts mehr übrig. Stattdessen betreibt die Landesregierung fortlaufend Pfusch am Haushalts-Bau.“

Auch die FDP legt nach. „Ministerpräsident Hendrik Wüst und seine Regierung sind auf direktem Weg, NRW zum Schuldenland zu machen. Nach den chaotischen Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr und den jüngsten Anzeichen für eine drohende Haushaltssperre bestätigt sich jetzt erneut: Die Haushaltspolitik ist die Achillesferse der schwarz-grünen Koalition“, sagte FDP-Fraktionschef Henning Höne. „Anstatt das Haushaltsloch von 1,2 Milliarden Euro selbstverständlich durch Einsparungen zu schließen, greift Finanzminister Optendrenk zu neuen Schulden – das ist unverantwortlich. Es ist nicht nur eine Bankrotterklärung der Haushaltspolitik, sondern auch ein Schlag ins Gesicht der Bürgerinnen und Bürger, die für diese Schuldenpolitik aufkommen müssen.“

Optendrenk habe zuvor neue Schulden ausgeschlossen, jetzt kapituliere er. Höne: „Wüst setzt sich damit die Schuldenkrone auf, die seit dem Abgang von Hannelore Kraft auf dem Samtkissen ruhte.“ Bei einem 100-Milliarden-Haushalt sei durchaus zu sparen. Es brauche dafür eine „echte Wirtschaftswende“. Höne: „Das bedeutet Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Digitalisierung statt immer mehr Schulden für staatlichen Konsum.“