China-Fest in Düsseldorf Partnerstadt wie Yin und Yang
Die chinesische Metropole Chongquing ist Düsseldorfs wichtigster Partner im Reich der Mitte.
Düsseldorf. An diesem Wochenende verwandelt sich der Marktplatz vor dem Rathaus quasi in einen Platz des himmlischen Feierns: Dann tanzt der Drache bereits zum sechsten Mal rund um Jan Wellem. Damit nimmt das China-Fest einen festen Platz ein im Veranstaltungskalender der Stadt. Zu den Sponsoren gehört auch Düsseldorfs Partnerstadt Chongqing, die größte Stadt der Welt.
Es wird viel getan für einen regen Austausch zwischen den Städten. Erst im Juni war eine Delegation chinesischer Architekturstudenten aus Chongqing am Rhein. Die Düsseldorfer Messe unterhält ein Büro in Chongqing, Rheinmetall baut gemeinsam mit seinem chinesischen Partner für 100 Millionen Dollar ein neues Werk zur Produktion von Komponenten der Automobilproduktion am Yangtse, die Düsseldorf Metro unterhält zwei Märkte in Chongqing. Und Oberbürgermeister Thomas Geisel wird im November wieder nach Chongqing fliegen.
Ein gemeinsamer Nenner von Düsseldorf und Chongqing: Das Leben am Fluss. Der Zusammenfluss von Yangtse und Jialing, wo sich Erd- und Jadetöne vermischen, ergibt mit etwas Phantasie das Symbol der zwei gegensätzlichen, dennoch auf einander bezogenen Kräfte Yin und Yang. An den Ufern beeindruckt besonders die Architektur, zum Beispiel mitten im Business District das Guotai Arts Center. Wie überdimensionale rote und schwarze Pfeile zielen die Stäbe des gigantischen Bauwerks gegen eine bedrohliche Wolkenkratzer-Armee.
Die größte Stadt der Welt hat wohl auch die längsten Essstäbchen. Schon wegen solcher Entdeckungen lohnt es sich, in Chongqing nicht gleich aufs Schiff zu gehen, wie es die meisten China-Reisenden tun, um die drei berühmtesten Schluchten des Yangtse zu erleben. Denn Reisende würden vieles verpassen: die aromatische Schärfe der berühmten Sichuan-Küche und die imposante Struktur der Kernstadt im Kontrast zum urbanen Leben in den dörflichen Marktflecken nur wenige Kilometer außerhalb.
Während des Zweiten Weltkriegs war Chongqing eine Zeit lang provisorische Hauptstadt Chinas. Heute ist das fruchtbare rote Becken des Yangtse, einst Reisschüssel des Riesenreiches, ist heute die wachstumsstärkste Region im Reich der Mitte. Mit seinen sechs Stadtbezirken und deren dazugehörigen drei Kreisen ist Chongqing so groß wie Österreich. Einwohnerzahl: über 30 Millionen Menschen.
Ein erster Blick auf den Stadtplan zeigt: Die Kernstadt, in der rund 4,5 Millionen Einwohner leben, hat die Form eines Kommas. Dabei ist sie längst ein Ausrufezeichen für Chinas Wirtschaftkraft. Jeder dritte weltweit produzierte Laptop kommt aus dem chinesischen Silicon Valley. Drei Viertel der Motorräder des Landes werden hier zusammen geschraubt. Eine „Eiserne Seidenstraße“ verbindet Chonqqing mit Duisburg.
Doch der zuverlässigster Transporter in der Bergstadt ist immer noch der zähe Chinese, der bergauf, bergab, sein Joch trägt, eine elastische Bambus-Tragestange, an der (fast) alles hängt, was Stadt, Land, Fluss zu bieten haben — ein totes Schwein, überquellende Körbe voller Fische, Obst, Gemüse, glänzende Luxus-Tüten der feinen Ladies, die auch schon in Chongqing so aussehen, als kämen sie geradewegs vom Afternoon Tea.
Solcherart Treiben lässt sich gut beobachten in Ciqikou. Die pittoresk herausgeputzte Altstadt war in der Ming-Dynastie ein wichtiger Markt- und Handelsplatz mit eigenem Hafen. Jetzt reihen sich hier kunterbunte Andenkenläden wie Plastikperlen aneinander. Das Angebot ist witzig bis kitschig. Authentischer sind die Restaurants am Flussufer. Allein schon der Duft des Sichuan-Pfeffers betört sämtliche Sinne.
Chongqing wird auch die Nebelstadt genannt. Doch oft ist es Smog, der die Skyline einwickelt wie ein dicker Gipsverband und den Yangtse verschwinden lässt — zur Betrübnis vieler Flusskreuzfahrer, die angereist sind, um die Schönheiten der Schluchten zu erleben.
Als Weichzeichner wirkt der Nebel auch, wenn die Stadt in den Abendstunden ihr glitzerndes Diadem aufsetzt. Dann spiegelt sich der „Lichterberg“ im „Lichterfluss“. Brillant vor allem das futuristische Grand Theatre, mit dem der deutsche Architekt Meinhard von Gerkan sich ein Denkmal an den Yangtse gesetzt hat. Fraglich, ob es seine Idee war, dass der Beton in wechselnden Bonbon-Farben erstrahlt, wie ein Geisterschiff, neben dem die Gebäude im Umkreis wie bunte Begleitboote wirken.
Am frühen Morgen erholt sich das Auge an traditionellen Motiven. Manche mögen sich vor der großen Halle des Volkes an den Himmelstempel in Peking erinnert fühlen. Auf dem Vorplatz übt das Volk Tai Chi und tanzt in den Abendstunden mit der gleichen Konzentration Tango. Den besten Überblick über Stadt, Land, Fluss hat man während einer Seilbahnfahrt über den Yangtse. Herausragend aus der Architektur ist auch das Volksbefreiungsmonument, das ursprünglich an den Sieg über die Japaner erinnern soll. Deshalb wird es auch heute eher als Treffpunkt im Shopping-Distrikt Jiefangbei wahrgenommen von den Jungen, Reichen und Schönen der Stadt.