Bei einer feierlichen Preisverleihung vor knapp zehn Jahren im Leo-Baeck-Saal war Hamed Abdel-Samad mit der Josef-Neuberger-Medaille ausgezeichnet worden. „Weil sie sich auf besonders bemerkenswerte Weise und manchmal gegen den Mainstream in der islamischen Welt gegen Antisemitismus einsetzen“, begründete Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde damals die Entscheidung. Am Dienstagabend folgte nun der Bruch mit dem Schriftsteller. Mit einem Post bei Facebook distanzierte sich die Gemeinde mit deutlichen Worten von Abdel-Samad.
Der Grund: Die Inhalte von Posts, die der vor allem als scharfer Kritiker des Islam bekannte Politikwissenschaftler in den sozialen Medien absetzte. Wortlaut bei „X“: „Es gibt nur ein Wort, das das, was gerade in Gaza passiert, genau beschreibt: Genozid. Schande über alle, die das unterstützen oder relativieren!“
Ausführlicher legte Abdel-Samad seine Position bei Facebook dar und begründete sie unter anderem mit dem hohen Maß an Zerstörung in Gaza. „Seit Monaten werden die Menschen dort gnadenlos bombardiert, wie die Fliegen hin und her gejagt. Sie haben keine Zeit, ihre Toten zu begraben, keine Zeit zu weinen.“ Der Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 wird von Abdel-Samad ebenfalls erwähnt und als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit benannt. Zudem sagt er aber auch: „Stoppt den Völkermord.“ Er tue das, weil er „die Dinge immer beim Namen nenne“.
Von der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf heißt es dazu, dass man seine Aussagen mit „großem Bedauern“ zur Kenntnis genommen habe. Sie relativierten das Vorgehen der Hamas und blendeten die Ursache völlig aus. Zugleich werde das Existenz- und Selbstverteidigungsrecht Israels delegitimiert. „Solche Aussagen stehen im Widerspruch zu den Werten, für die die Josef-Neuberger-Medaille steht – zu den Prinzipien von historischer Verantwortung sowie dem entschiedenen Eintreten gegen jede Form von Antisemitismus, Israelhass und Relativierung von Gewalt.“
Die Gemeinde geht in ihren Ausführungen sogar noch weiter: So bleibe für sie klar: „Wer die Realität verzerrt, Täter und Opfer vertauscht und antisemitische Narrative bedient, überschreitet eine rote Linie.“
Einer der Kommentatoren unter dem Post ist übrigens Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte. Er fragt in Richtung von Abdel-Samad: „Was ist bloß mit ihm passiert?“
Zum Hintergrund: Die Josef-Neuberger-Medaille wird seit 1991 an Personen oder Institutionen der nichtjüdischen Öffentlichkeit verliehen, die sich um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern zählen zum Beispiel Angela Merkel und Johannes Rau.