Prozess in Düsseldorf Freiheitsstrafen und Freisprüche für IS-Sympathisanten

Düsseldorf · Schon im Januar wurden die Haftbefehle von fünf der sieben Angeklagten aufgehoben. Nun sind die Urteile gefallen.

Beim Prozessbeginn am 30. Juli 2024 saßen sieben Männer auf der Anklagebank.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

In dem Glaskasten, in dem die Angeklagten Platz nehmen, war es zur Urteilsverkündung im Prozessgebäude des Oberlandesgerichts (OLG) ziemlich leer. Nur Ata A. und Said S. saßen da noch, umringt von Justizbeamten, und nahmen ihr Urteil ohne ersichtliche Regung auf: Vier Jahre Haft für S., zwei Jahre und neun Monate Haft für A. Wegen Mitgliedschaft im Fall von S. in beziehungsweise Unterstützung einer ausländischen terroristischen Organisation jeweils in Tateinheit gegen das Außenwirtschaftsgesetz.

Der Generalbundesanwalt hatte den Angeklagten vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben, mit dem Ziel, öffentlichkeitswirksame Anschläge in Deutschland und Westeuropa zu verüben. Außerdem hätten sie dem sogenannten Islamischen Staat (IS) Gelder zukommen lassen. Dafür hätten sich die Angeklagten Dutzende Male in verschiedenen Zusammensetzungen getroffen und über ihre Pläne gesprochen, darunter in einem Döner-Imbiss und einer Frittenbude im Düsseldorfer Hauptbahnhof.

Viele der Anklagepunkte lösten sich allerdings zumindest bei einigen Angeklagten weitgehend in Luft auf. Eine Fortsetzung der Untersuchungshaft stünde nicht mehr im Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe, hießt es damals. Der Hauptvorwurf der Bundesanwaltschaft, die Angeklagten hätten unter Führung eines in den Niederlanden inhaftierten IS-Mitglieds eine inländische Terrorgruppe gebildet, habe sich nicht bestätigt.

46 Verhandlungstage und rund acht Monate zuvor hatten in dem Glaskasten noch sieben Angeklagte gesessen. Haftbefehle gegen fünf von ihnen wurden Ende Januar aufgehoben. Sie wurden allerdings umgehend von der Ausländerbehörde festgenommen, einer in Ausreisegewahrsam genommen: Abrorjon K., der mittlerweile nach Kirgisistan abgeschoben wurde.

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Doch auch über diese Angeklagten wurde geurteilt. Raboni Z. und Shamshud N. wurden zu Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr verurteilt, zusätzlich wurden sie unter Führungsaufsicht gestellt. Z. hatte vor seiner Festnahme im Düsseldorfer Stadtteil Bilk an der Himmelgeister Straße gelebt. Der mittlerweile 29-jährige Tadschike hat nach Erkenntnissen der Ermittler in der Zeit von 2012 bis 2016 auf Baustellen in Tadschikistan und Russland gearbeitet, dann sei er in die Türkei gegangen und von dort weiter in die Ukraine. In dem Land sei er eine Scheinehe eingegangen, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Im Kontext des Angriffs Russlands auf die Ukraine sei er dann nach Deutschland gekommen, zunächst in eine Flüchtlingsunterkunft nach Warendorf, dann an die Himmelgeister Straße in Bilk.

N. wurde in einer Flüchtlingsunterkunft in Warendorf im Münsterland festgenommen – und ist dort nach der Beendigung seines Ausreisegewahrsams offenbar auch wieder untergebracht. Die Freiheitsstrafen von Z. und N. gelten wegen der langen Untersuchungshaft von etwa anderthalb Jahren als verbüßt. Mukhammadshujo A. und Nuriddin K. wurden freigesprochen.

Sämtlichen Angeklagten wurde, unabhängig davon, ob sie verurteilt wurden, jedoch eine ideelle Nähe zum IS attestiert. Auch Shamshud N., der sich zu Beginn des Prozesses eingelassen und sich dabei als „Pazifisten“ und liberalen Muslim bezeichnet hatte. Der 6. Strafsenat des OLG hielt das allerdings für unglaubwürdig, unter anderem wegen Videos von salafistischen Predigern, die er über Whatsapp verschickt hatte. Ebenso wenig glaubhaft war für den Senat die Behauptung, er habe Geld als eine Art Kurier an einen Mitangeklagten übergeben, ohne den Zweck der Übergabe zu kennen.

Gemeint ist damit der Angeklagte Said S., der nach Überzeugung des Gerichts Geld für in Syrien internierte IS-Kämpfer sowie zur Terrororganisation gehörenden und in syrischen Lagern lebenden Frauen gesammelt hatte. Das auch in Deutschland so zusammengekommene Geld habe er an seinen Bruder geschickt, der ein ranghohes IS-Mitglied in der Türkei sein
soll.

(pze ctri)