Konzert Piano-Brüder Jussen brillieren im Robert-Schumann-Saal
Düsseldorf · Zwillinge sind sie nicht, und doch spielen sie zuweilen wie ein Pianist mit vier Händen. Und beweisen, dass ihr Erfolg begründet ist.
Die beiden Blondschöpfe erobern derzeit die Konzertpodien. Und zwar in großen Sälen, international. Umso erstaunlicher war, dass jetzt ihr Auftritt im Schumann-Saal, im Rahmen der Reihe „Erstklassik!“, zwar sehr gut besucht, aber nicht ausverkauft war, wie man es bei ihrem Renommée erwartet hätte.
Die beiden niederländischen Piano-Brüder Jussen sind nicht nur jung – Lucas (25), Arthur (22) –, sondern treten wie gestylte Models auf und verkaufen sich blendend, auch auf dem schnelllebigen CD-Markt. Aus den beiden Wunderknaben von einst, die als Kinder schon vor Königin Beatrix spielten und mit zehn, bzw. 13 Jahren ihr Debüt im Amsterdamer Concertgewbouw gaben, sind ernsthafte, brillante Pianisten geworden, die meist vierhändige Stücke spielen. Obwohl keine Zwillinge, so spielen die Brüder an einem Flügel in manchen Passagen so harmonisch, perfekt aufeinander abgestimmt und mit ineinander verschränkten Armen, so dass der Eindruck entstehen könnte: Hier spielt ein Pianist mit vier Händen.
Und zwar nicht allein wohlig perlenden und impressionistisch rauschenden Main-Stream von Fauré, Poulenc und Ravel, wie im Schumann-Saal. Die verträumte Dolly-Suite von Fauré, in der sie schwankende Harmonien eines Walzers oder knallige Rhythmen von „Le pas espagnol“ ausbalancieren. In Solo-Stücken betonen sie ihre Stärken: Lucas in Faurés verhangenem „Nocturne“, Arthur überzeugt in Ravels „Wasserspielen“ (Jeux d’eau) durch nobel, elegantes Spiel.
Doch so hochpoliert ihr Image als akkurat gedresste und technisch perfekte, fast getunte Pianisten sein mag: Sie interpretieren die Werke authentisch – so, wie es zu ihrem Alter passt. Auftrumpfend, aufbrausend und losstürmend. Rhythmisch sicher und vor Energie sprühend fordern sie sich und ihr Publikum heraus mit der Klavierfassung für vier Hände von Strawinskys „Frühlingsopfer“ (Sacre du Printemps). Letzteres – ein anspruchsvolles Werk, selbst für alte Pianisten-Hasen – meistern die Jussen-Brüder mit jugendlicher Kraft und feinnerviger Balance. Leuchtendes Perlen, dann wieder ratternde Akkordketten.
Doch, und das ist so wohltuend: Sie hämmern nicht drauflos, sondern balancieren geschickt Lautstärke und Farben aus und hüten sich vor allzu knalligem Forte. So reizen sie aus der Fassung für vier Hände von Strawinskys Ballettmusik alle Stimmungen und Farben heraus. Sowohl die ruhig schwebende Einleitung als auch die hämmernden Akkorde und gebrochenen Rhythmen der „Vorboten des Frühlings“. Erstaunlich, wie selbstverständlich die beiden auch im zweiten Teil schwerelose Heiterkeit nahtlos in schwere, düstere Rhythmen übergehen lassen. Kein Wunder, dass sie nach dieser konzentrierten und ‚erstklassigen’ Interpretation mit Ovationen gefeiert wurden.
Nächster „Erstklassik“-Termin im Schumannsaal: 10 Februar, dann spielt der Pianist Severin von Eckardstein.