Düsseldorf Pilotprojekt: Extremismus früh erkennen

Bundesweites Pilotprojekt startete am Franz-Jürgens-Berufskolleg.

Foto: S. Lepke

Düsseldorf. Hier eine merkwürdige Äußerung im Unterricht, da ein seltsames Verhalten auf dem Schulhof — hat man es womöglich mit einem radikalisierten Schüler zu tun? Und was macht man als Lehrer oder Sozialarbeiter jetzt? Am Franz-Jürgens-Berufskolleg weiß man es mittlerweile ziemlich gut, denn die Ausbildungsstätte an der Färberstraße ist eine von nur sechs Schulen in Deutschland, die an dem dreijährigen Pilotprojekt „Solidarisch und gemeinsam gegen Extremismus“ teilnimmt. Im Fokus stehen insbesondere Neosalafismus und Rechtsextremismus.

Dienstag wurde die Kooperationsvereinbarung unterzeichnet: Träger ist die Aktion Gemeinwesen und Beratung (AGB) in Düsseldorf, finanziert wird das Ganze von der Bundeszentrale für politische Bildung.

Das Bilker Kolleg scheint in mehrfacher Hinsicht dafür bestens geeignet. Auch, weil sein Namensgeber Franz Jürgens ist, der als Polizeikommandant 1945 gegen die Nazis aufbegehrte und mit zur Rettung der Stadt bei der Aktion Rheinland beitrug. Vor allem aber, weil hier 96 Prozent der Schüler Jungen sind, von denen sehr viele einen Migrationshintergrund aufweisen. Auch etwa 150 Flüchtlinge werden derzeit ausgebildet.

Insofern ist an der Färberstraße aktuell Islamismus eher ein Thema, ohne dass hier viele Fälle einer Radikalisierung sichtbar würden. „Zuletzt fiel ein Schüler auf, weil er den Koran im Zuge der Aktion ,Lies’ verteilt hat“, berichtet Julia Kaina, die das Projekt am Jürgens-Kolleg koordiniert.

Und was geschieht in so einem Fall? „Zunächst einmal haben wir ausführlich mit dem Schüler, einem Geflüchteten, gesprochen, dann auch mit seinen Betreuern in der Flüchtlingsunterkunft“, sagt Kaina. Gründliche Recherche sei äußerst wichtig, um falsche Verdächtigungen gleich auszuräumen. Das Projekt hat ein exaktes „Clearingverfahren und Case Management“ entwickelt, das in bis zu sieben Schritten greift, wenn junge Menschen erste Anzeichen einer Radikalisierung aufweisen. Immer wenn es geht, sprechen die Lehrer oder Sozialarbeiter auch mit den Eltern oder Freunden eines „Verdächtigen“. „Wichtig ist, dass alle relevanten Partner in einem Netzwerk kooperieren und nicht nebeneinander her wurschteln“, sagt Projektleiter Michael Kiefer, „dann wird nichts übersehen“.

Erhärten sich Verdachtsmomente, ist der Radikalisierungsprozess nicht zu stoppen, werden natürlich auch Polizei und Jugendamt eingeschaltet. Kiefer: „Wir hoffen aber, die sieben Schritte des Modells nie bis zum Ende gehen zu müssen.“ Mehr Informationen: clearing-schule.de