Roman von Michel Houellebec Roman „Unterwerfung“ als Ezählstück erst in Dresden, jetzt hier

Regisseur Malte Lachmann hat das Stück von Michel Houellebecq als Erzähltheater konzipiert. Es lief bereits an der Elbe.

Malte C. Lachmann (li.) ist der junge Regisseur von „Unterwerfung“: Das Stück feiert am 4. Dezember Premiere in Düsseldorf. Der Roman stammt von Michel Houellebecq (re.).

Düsseldorf. Der Roman „Unterwerfung“ (franz. Soumission) von Michel Houellebecq kam im Januar 2015 heraus. Einen Tag nach dem Mordanschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ und zehn Monate vor dem Bomben-Attentat von IS-Terroristen auf die Pariser Diskothek und den Konzertsaal Bataclan.

In Houellebecqs provokativem Opus, das international nicht nur in der Literatur-Szene Aufsehen erregte, geht’s um den französischen Literaturwissenschaftler Francois: Er erhält ein Angebot, zum Islam überzutreten. Und es endet mit den Visionen, was geschehen würde, wenn er dieses Angebot annähme. Er profitierte von der Islamisierung Frankreichs, verdiente als Professor nach der Machtübernahme wesentlich mehr als vorher, erfreute sich der neuen Unterwürfigkeit seiner auch minderjährigen Gespielinnen.

Den Roman, der Frankreichs Ängste vor der Machtübernahme der extremen Rechten und vor der Islamisierung Europas spiegelt, bringt Malte Lachmann am Sonntag, 4. Dezember, auf die Bühne des Schauspielhauses.

Am Tag nach dem Erscheinen der deutschen Übersetzung des Buchs von 271 Seiten hatte man dem heute 27-jährigen Jung-Regisseur das Material angeboten. Und es entstand eine eigene Spielfassung für vier Darsteller, die bereits im März, unter Intendant Wilfried Schulz, in Dresden zu sehen war. Klar, dass Schulz bei seinem Wechsel an den Rhein diese brisante Regietat „mitnahm“ und nun im Central zeigen wird.

Die Zeit des „pseudo-dokumentarischen“ Werks (im Roman und im Theater): das Jahr 2022. Es laufen die Präsidentschaftswahlen in Frankreich, bei denen Mohamed Ben Abbès immer mehr Stimmen erhält. Der charismatische Kandidat der Muslim-Bruderschaft gewinnt die Wahlen. Und verändert die Grande Nation. Das klingt nach Science Fiction. „Nein“, sagt Lachmann, „es funktioniert wie in unserer Welt heute.“ Doch die Lage in Frankreich und die Haltung vieler zu Houellebecqs Horror-Spekulation habe sich im November 2015 nach dem Terroranschlag auf das Bataclan verändert.

In seinem Theaterstück dreht es sich um die Frage nach unseren abendländischen Werten und darum: „Was würde sich für den Professor Francois verändern, wenn er zum Islam übertreten würde?“ Für die Theaterbühne eigne sich das Werk. So habe er versucht, Erzähltheater im besten Sinne auf die Bretter zu bringen. Zwar verwandelte er einen Teil des epischen Werks in Dialoge, doch behielt er einen Großteil der Erzählung des Protagonisten Francois bei. So führt der dramatische Bogen Francois zunächst auf eine Flucht — von der Hauptstadt aufs Land. Als er zurückkehrt, darf er zwar nicht mehr unterrichten, bekommt aber eine Rente und ein Gehalt. Und stellt sich im Konjunktiv vor, wie es wäre, wenn er konvertieren würde.

Dabei gehe es, so Lachmann, nicht um einen radikalen, sondern eher liberalen Islam, in dem ein genussvolles Leben gestattet sei. Das komme dem gemütlichen Menschen Francois entgegen, der stets den Weg des geringsten Widerstands gehe. Als Hauptdarsteller tritt Christian Erdmann auf — in der Inszenierung von Lachmann, die im März von den Kritikern in Dresden bereits als solide und insgesamt spannend gerühmt wurde.

Der Theatermacher Lachmann, 1989 in Marburg geboren, lernte sein Handwerk in München an der August-Everding-Akademie. Und inszeniert seit 2012 als einer der jüngsten Regisseure auf Bühnen quer durch die Republik. Darunter auch in namhaften Häusern, wie dem Hamburger Thalia-Theater, in Bochum, Hannover und Dresden. Er sei nie lange an einem Ort, berichtet er. Noch so jung, und schon so gut im Geschäft ist der Mann mit markantem Glatzkopf. Denn derzeit liegen ihm immerhin Angebote aus 15 Theatern vor, darunter auch Opernhäuser wie der Dresdener Semper-Oper. „Alles Schwindel“ heißt die Opern-Burleske, die Lachmann im Januar 2017 auf der Opernbühne der Sachsen-Metropole herausbringen wird. Im Sprechtheater scheut er zwar nicht vor Klassikern zurück, bevorzugt aber junge Stücke und zeitgenössische Stoffe, die nicht für die Bühne geschrieben wurden.