„Salon des Amateurs“ Aron Mehzions Kunstsalon als Lebensraum

Der Mann aus Eritrea ist Pächter, Barkeeper und Künstler. Sein „Salon des Amateurs“ genießt nun schon seit zwölf Jahren Kultcharakter.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Eritrea im nordöstlichen Afrika wird seit Jahrzehnten von Bürgerkriegen erschüttert. Es ist die Heimat von Aron Mehzion (46), der nach dem Tode des Vaters als Fünfjähriger mit seiner Mutter und drei Geschwistern über Sudan, Ägypten und Italien nach Deutschland floh. Die Mutter, eine gelernte Schnitttechnikerin, schlug sich mit Tigrinya, der Sprache der Einheimischen, durch. „Je älter ich werde, desto unbegreiflicher ist es, wie sie das geschafft hat. Aber wir wurden hier gut empfangen. Wir durften sofort in die Schule“, sagt Mehzion. Er machte das Abitur am Geschwister-Scholl-/Helene-Lange-Gymnasium und besuchte die Kunstakademie. Seit zwölf Jahren ist er Pächter im „Salon des Amateurs“. Kein Künstlerclub hat länger durchgehalten.

„Mach einfach“, sagte ihm der inzwischen verstorbene Akademieprofessor Michael Buthe, als Mehzion am Eiskellerberg auftauchte. Und er machte einfach, bei den Professoren Jannis Kounellis und Gerhard Merz. Als Künstler hatte er erst spät Erfolg. Er brauchte Zeit.

„Baron“ nannte sich seine erste Bar. Sie wurde zur Ausstellung „Hell Grün“ im Barockschlösschen am Ehrenhof eröffnet. Als die Räume an Eon vermietet wurden, war der Traum einer Künstlerbar ausgeträumt. Aber die Direktorinnen der Kunsthalle und des Kunstvereins, Ulrike Groos und Rita Kersting, gaben ihm den Seitentrakt der Kunsthalle. Als das Geld für die Einrichtung nicht reichte, schleppte Künstlerfreund Andreas Gursky schwarze Sessel herbei. Der Salon war geboren.

Wie die Idee zu Mehzions Bar entstand, ist untypisch: „Ich arbeite als Künstler sehr langsam. Ich brauche viel Zeit. Wer von der Kunst leben will, muss permanent produzieren. Ich wollte den Broterwerb von der Kunst trennen. So entstand zunächst das Baron und dann der Salon.“ Ein Künstler also, der sein Geld nicht mit Kunst verdienen wollte. So entstand eine Bar, die er als „Lebensraum der Künstler“ bezeichnet.

Anfangs hätten die Leute Respekt vor dem Raum gehabt, weil die Bar im Gebäude der Kunsthalle liegt. Doch heute sind die Leute aus der Altstadt häufig aggressiv, es gibt Taschen- und Jackendiebe. Mehzion musste einen Türsteher einstellen. Inzwischen ist seine Telefonnummer durch eine Mailadresse ersetzt, damit ihn niemand aus dem Schlaf weckt, weil er seinen Schal liegengelassen hat.

Mehzion schart Gleichgesinnte um sich. Detlef Weinrich (Toulouse Low Trax) gehört dazu, Gründungsmitglied der Band Kreidler — der Salon ist seine Heimat. Lena Willikens, Absolventin der Kunstakademie, hat als Barkeeperin und Türsteherin angefangen, inzwischen eine internationale DJ-Karriere gemacht. Jimmy Leung ist für die Organisation zuständig. „Wenn viele mitmachen, hat man Zeit. Der Salon ist fast ein sich selbst organisierender Mechanismus“, sagt Mehzion.

Doch er ist der Hauptverantwortliche. Er unterschrieb den Vertrag mit der Kunsthalle. Über die Kunsthalle fließt die moderate Miete an die Stadt. Eine hohe Miete könnte er sich nicht leisten. „Wichtig ist, dass wir das machen können, was wir wollen. Wir haben keine Instanz, die uns reinredet. Wir organisieren es selbst.“

Nebenbei entsteht Kunst. Er nennt es eine „Vertiefungsarbeit“. Er musste 20 Jahre warten, bis ihm das 3D-Verfahren erlaubte, dreidimensionale Objekte zu spiegeln. Noch bis Sonntag zeigt er das Ergebnis in der Kunsthalle. Er benutzt halb-transparente Spiegel zum Überlagern oder Durchdringen von Spiegelbildern. Nur so kann eine Hand zugleich vor dem Glas die linke und hinter dem Glas die rechte Hand sein. Der Arm, der bei der einen Skulptur fehlt, ist im Spiegel zugleich da und nicht da.

Inzwischen hat er im Galeristen Marzona aus Berlin einen Partner, der nicht nach seinem Alter oder seiner Herkunft fragt, sondern begeistert ist, wie Mehzion 20 Jahre auf den richtigen Moment warten konnte.