Düsseldorf Prof. Stefanie Ritz-Timme: „Wir müssen es Frauen einfacher machen“
Prof. Stefanie Ritz-Timme ist Direktorin des Instituts für Rechtsmedizin.
Düsseldorf. Prof. Dr. Stefanie Ritz-Timme ist Direktorin des Institutes für Rechtsmedizin im Uniklinikum Düsseldorf und Studiendekanin der Medizinischen Fakultät. Die WZ sprach mit ihr über Rollenbilder und Frauen an der Universität und in der Führung.
Warum haben Frauen heute in vielen Bereichen an der Universität die Nase vorn?
Stefanie Ritz-Timme: Der banalste Grund ist wahrscheinlich, dass in den meisten Studiengängen Frauen überrepräsentiert sind. Jedoch schließen nicht alle Frauen ihr Studium ab. Nach der Facharztprüfung gehen viele in Kinderpause. Auch bei Promotion und Habilitation wird es dünn. Es wird langsam ein bisschen besser, aber ehrlich gesagt ist es für viele Frauen immer noch schwierig und das liegt vor allem daran, dass die alten Rollenkonzepte bei uns noch sehr stark wirken. Viele Frauen, die Karriere machen, haben auch Männer haben, die Karriere machen. Und da muss man dann vor allem mit Kindern schauen, wie man das regelt.
Wie haben Sie diese Entwicklung in Ihrem Gebiet im Laufe Ihrer Karriere empfunden?
Ritz-Timme: Bei uns in der Medizin gibt es immer mehr Frauen, aber diese Entwicklung geht sehr langsam voran. Bei Berufungsverfahren zum Beispiel bewerben sich auch nur ganz wenige Frauen. Das liegt oft auch daran, dass Frauen, die gut sind, sich nicht bewerben, weil ihnen neben der Familie die Verantwortung zu groß ist.
Warum begegnet man heute noch vorwiegend männlichen Professoren?
Ritz-Timme: Es scheint noch eine gewisse Ratlosigkeit bei Frauen und in den Familien zu bestehen, wenn es um die Frage geht „Wie mache ich das eigentlich wenn ich jetzt in Führung gehe? Wie geht der Partner damit um? Wie geht das mit den Kindern?“ Da muss die Gesellschaft in ganz neue Rollenkonzepte reinwachsen. Jede Frau mit Kindern, die in Führung gegangen ist sagt, dass ihr schon unterstellt worden ist, sie sei eine Rabenmutter. In anderen Ländern ist das ganz anders. Bei den Franzosen etwa ist es ganz normal dass die Frauen auch arbeiten, da wird das gar nicht hinterfragt. Da haben wir einfach Nachholbedarf beim Umdenken. Andere europäische Länder, auch die skandinavischen, machen uns das vor. Deshalb sollten wir darauf achten, es den Frauen einfacher zu machen, gerade in der Kinderbetreuung. Wenn sich Frauen nicht sicher sein können, wie sie den Beruf und die Erziehung ihrer Kinder unter einen Hut bringen können, dann reagieren sie oft defensiv und entscheiden sich, sich erst einmal um ihre Kinder kümmern.
Welche Vorbilder haben oder hatten Sie?
Ritz-Timme: Als ich junge Assitentin war, gab es in der Rechtsmedizin nur sehr wenige Frauen. Ich bin dann die erste führende Frau in Westdeutschland geworden. Ich hatte immer gute Mentoren, alle männlich. Auch als mein Sohn zur Welt kam, hatte ich jede Unterstützung. Mein Sohn ist jetzt 20 und er sagt, dass die Betreuung gut gelaufen und er dankbar ist, dadurch so viele Leute kennengelernt zu haben. Dadurch ist er völlig offen und furchtlos.
Welche Maßnahmen halten Sie für sinnvoll, wenn es um die Förderung von Frauen in der Berufswelt geht?
Ritz-Timme: Ich glaube, das Wichtigste ist tatsächlich, dass wir eine Situation schaffen, in der sich Frauen keine Sorgen um die Betreuung ihrer Kinder machen müssen. Wenn Frauen diese Sorge nicht mehr haben, dann löst sich das von ganz alleine. In den skandinavischen Ländern etwa können Frauen ihre Kinder oft mit zur Arbeit bringen und sie dort betreuen lassen. Ich kenne dort Fälle, in denen sogar eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern leitende Professorin geworden ist. Von der Frauenquote halte ich selber nichts, denn ich denke, dass sich diese Dinge in den Köpfen der Menschen ändern sollten, was von selbst geschehen wird.
Welchen Ratschlag würden Sie einer jungen Frau mit beruflichen Ambitionen geben?
Ritz-Timme: Tu konsequent das, was dir Freude macht und besprich es rechtzeitig mit deinem Partner, wenn ihr Kinder haben wollt und dann wird das auch funktionieren.