Frau Spillner, in dieser Woche standen bereits viele wichtige politische Entscheidungen an, die ihren Bezirk direkt betreffen, hatten Sie dennoch ein paar freie Tage?
Interview Marina Spillner: „Die Radfahrer müssen sich in Düsseldorf sicherer fühlen“
Düsseldorf · Radfahren, Altstadt und Lebensqualität - Bezirksbürgermeisterin Marina Spillner gibt einen Ausblick, welche Themen in den innerstädtischen Stadtteilen von Düsseldorf wichtig werden und, wo auch die Politik nicht helfen kann.
Marina Spillner ist die Bezirksbürgermeisterin in der Stadtmitte. Zum Stadtbezirk 1 gehören die Stadtteile Altstadt, Carlstadt, Stadtmitte, Pempelfort, Derendorf und Golzheim. Insgesamt leben hier mehr als 85200 Menschen. Wir sprachen mit der 56-jährigen SPD-Politikerin und Mutter zweier erwachsener Kinder über ihr Amt und die Themen des neuen Jahres.
Spillner: Ja, ich habe zwischen den Feiertagen nur ein, zwei Tage Politik gemacht, vor allem E-mails beantwortet. Und ich habe für mich sortiert, was gemacht wurde und was in diesem Jahr ansteht.
Ihr Mann ist der SPD-Ratsherr und der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Martin Volkenrath. Sprechen Sie daheim über Politik?
Spillner: Ja, wir tauschen uns da intensiv aus. Wir haben uns ja im politischen Jugendverband, bei den Falken, kennengelernt. Wir sind nicht in allen Lebensbereichen immer einer Meinung, aber wenn es um Politik geht sind wir das schon.
Wie ist Ihr Kontakt zu den Bürgern?
Spillner: In meine Sprechstunden komme einige, aber vor allem bekomme ich viele E-mails. Mal mit Anfragen, Wünschen, Beschwerden, aber auch Bestätigungen, was mich dann auch freut.
Ein Beispiel?
Spillner: Ich habe eine sehr differenzierte und postitive Stellungnahme einer Anwohnerin bekommen, nachdem an der Feldstraße/Ecke Rosenstraße die Auto-Parkplätze weggefallen sind und dafür Fahrradparkplätze eingerichtet wurden. Aber zum selben Thema hatte ich auch einen Anruf mit einer massiven Beschwerde.
Wie stehen Sie selbst dazu?
Spillner: Ich bin ja Anwohnerin der Feldstraße. Da ich versuche, innerstädtisch alles mit dem Fahrrad zu erreichen, bin ich nun froh, dass ich abends einen sicheren Parkplatz dafür bekomme. Wobei die neuen Ständer so gefragt sind, dass es auch da schon eng wird.
Besitzen Sie noch ein Auto?
Spillner: Wir haben noch eins, das zweite haben wir abgeschafft. Wir bekommen ja auch keinen Parkplatz im Viertel. Wenn ich nicht mit dem Rad fahren kann, nehme ich die Bahn oder für weitere Strecken ein Leih-Fahrzeug.
In Ihrem Bezirk soll nun auf der Klever Straße zwischen Cecilienallee und Eulerstraße die erste Protected Bike Lane eingerichtet werden. Was versprechen Sie sich davon?
Spillner: Radfahrer müssen sich in Düsseldorf sicherer fühlen. Ich kenne Menschen, die sich einfach nicht trauen, auf einer Hauptverkehrsstraße wie der Klever Straße mit dem Rad zu fahren. Hier kann der geschützte Radstreifen helfen. Das mag ein subjektives Gefühl sein, aber ich glaube, dass sich durch solche Maßnahmen mehr Leute trauen, aufs Fahrrad umzusteigen.
Und was denken Sie bringt die Umweltspur, die ja auch durch die Innenstadt führen soll?
Spillner: Ich denke, es ist ein Versuch, aber wir müssen das ausprobieren. Das haben uns ja auch das von der CDU geführte NRW-Umweltministerium ebenso wie die Bezirksregierung vorgeschlagen, um ein Diesel-Fahrverbot zu vermeiden. Im Zuge der Umweltspur kann dann endlich der Radverkehr auf der Kaiserstraße geführt werden, bekommt vielleicht sogar schon zuvor eine provisorische Markierung. Dies wird vor Ort schon seit 2010 gefordert.
Auch die Radverkehrsförderung für Kinder liegt Ihnen am Herzen.
Spillner: Ja, in der Bezirksvertretung haben wir beschlossen, auf dem Anna-Spielplatz eine kleine Verkehrsfläche für Kinder als Übungsplatz mit einer Ampel, Zebrastreifen und Kreisverkehr einzurichten. Sobald es das Wetter zuläßt, wird asphaltiert. Hier können dann Familien mit ihren kleineren Kindern das Radfahren ungestört vom Verkehr üben.
Wir müssen auch über Entwicklungen der Altstadt zur Partymeile reden. Wie läuft es da nach dem Einzug von Mietern und Eigentümern im Andreas Quartier?
Spillner: Sehr gut. Mir liegt aus dem Andreas Quartier noch keine Beschwerde über Lärm- oder andere Belästigungen aus der Altstadt vor. Allerdings sind dort auch noch nicht alle Wohnungen belegt. Es gibt sogar einen Austausch: Das Andreas Quartier hat Schützlinge und Betreuer der Obdachlosen-Tagesstätte Shelter ins Mutter Ey Café eingeladen.
Sie bekommen gar keine Beschwerden aus der Altstadt?
Spillner: Doch, die kommen von den Menschen, die schon lange hier leben, die sich beklagen, dass es hier lauter und dreckiger geworden ist. Aber es sind meist dieselben, die sich melden. Deshalb wollen wir mehr über die Lebensqualität der Bewohner in der Altstadt wissen und hoffen, dass die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung im Rahmen einer Projektarbeit für uns eine Befragung machen wird.
Aldi und Lidl kommen in die Alt- und Carlstadt. Aber Traditionsbäcker Michael Hinkel am Burgplatz musste aufgeben, die Stadtsparkasse schließt ihre Filiale in der Bolkerstraße. Was kann die Politik da tun?
Spillner: Wenn etwas nicht mehr rentabel ist, dann kann Politik auch keine Lösung bieten. Das gilt für Geschäfte wie für die Sparkassenfilialen. In unserem Bezirk sind ja auch die Filialen an der Münsterstraße und Duisburger Straße betroffen. Da ist Politik hilflos, wenn etwas nicht mehr frequentiert wird oder die Kunden auf online-Konten umsteigen oder online einkaufen. Uns bleibt da nur der Appell an die Hausbesitzer, die Mieten für Ladenlokale nicht immer weiter zu erhöhen.
Zur Lebensqualität in den Vierteln gehört auch die Gestaltung der Stadtteil-Plätze. Was ist in diesem Jahr geplant?
Spillner: Auf dem Rochusmarkt geht der Gemüsehändler Ende des Monats in den Ruhestand. Das Marktamt hat seit Jahren versucht, neue Händler zu gewinnen. Doch es bestand kein Interesse. Hier hat die Bezirksvertretung beschlossen, den Platz neu zu asphaltieren, wir könnten Bänke aufstellen und vielleicht eine Skulptur aus dem Fundus, um einen neuen Begegnungsort im Viertel zu schaffen. Das gilt auch für den Blücherplatz, der eine Rosenbepflanzung in den Fortuna-Farben Rot und Weiß bekommen wird und auf dem Anwohner dann Boule spielen können. Und auch das Plätzchen an der Gneisenaustraße soll nicht als Hundeklo verkommen, sondern aufgewertet werden.
Was liegt Ihnen noch am Herzen?
Spillner: Das sind die Projekte, die ich Erinnerungsarbeit nenne. So haben wir 2018 eine Informationsstele an der Schinkelstraße aufgestellt, die an das Schicksal der Zwangsarbeiter erinnern soll. Mit finanzieller Unterstützung des Unternehmens Frankonia wird bald auf der Mühlenstraße eine Stele an die Geschichte des alten Landgerichtes erinnern. Und wir haben beschlossen, eine Gedenktafel am S-Bahnhof Wehrhahn zu errichten, damit das heimtückische Attentat im Jahr 2000 nicht in Vergessenheit gerät.