Rotlicht-Prozess droht wegen der Kopier-Kosten zu platzen
Düsseldorfer Landgericht will Anwälten 1,5 Millionen Euro nicht erstatten. Die wollen das Rethelstraßen-Verfahren aussetzen lassen.
Düsseldorf. Seit Juli vergangenen Jahres läuft vor dem Düsseldorfer Landgericht der Rotlicht-Prozess. Acht Angeklagte, darunter Thomas M., dem die Bordelle an der Rethelstraße gehörten, sollen Freier mit Alkohol oder Rauschgift betäubt und dann mit Kreditkarten die Konten abgeräumt haben. Nun könnte der Prozess ein jähes Ende finden — zumindest vorerst. Die Rechtsanwälte haben am Freitag beantragt, das Verfahren auszusetzen. Es geht um Kopierkosten in Höhe von mehr als 1,5 Millionen Euro.
Hintergrund: Die Akte ist mittlerweile etwa 380 000 Seiten stark. Normalerweise hätten alle 25 Verteidiger vor dem Beginn des Prozesses das Recht haben müssen, sich in die Akte einzuarbeiten. Um das Verfahren zu beschleunigen, beschloss der Vorsitzende Richter Markus Fuchs, den Anwälten eine elektronische Akte zur Verfügung zu stellen. Außerdem verfügte die Kammer, dass die Kosten fürs Ausdrucken erstattet werden.
Die Kopierkosten haben nach mittlerweile 76 Verhandlungstagen astronomische Höhen erreicht. „Jedem Anwalt stehen rechnerisch rund 65 000 Euro zu“, so Benedikt Pauka, der den Hauptangeklagten Thomas M. vertritt. Zwar machen viele Kanzleien nicht die gesamte Summe geltend, weil sie nur Teile der Akte ausgedruckt haben. Trotzdem ist die Papierflut inzwischen zu einem erheblichen Kostenfaktor geworden.
Das fand offenbar auch der Bezirksrevisor des Landgerichtes, der im vergangenen Jahr noch Kopierkosten erstattet hatte. Er verweigerte den Rechtsanwälten jetzt die beantragten Summen. Seine Begründung: Eine elektronische Akte sei rechtlich gar keine Gerichtsakte. Darum wolle man auch keine Kopierkosten bezahlen.
Das wollen die Vertreter der Angeklagten und der Nebenkläger auf keinen Fall hinnehmen. Vor allem die Pflichtverteidiger, die ohnehin nicht gerade fürstlich entlohnt werden, befürchten, dass sie ohne die Erstattung der Kopierkosten kaum noch etwas an dem Mammut-Verfahren verdienen. Darum haben sie am Freitag betragt, den Prozess bis auf weiteres auszusetzen.
„Wenn die elektronische Akte keine Gerichtsakte ist, dann haben wir bis heute keine Akteneinsicht gehabt“, begründet Rechtsanwältin Hülya Karaman den Antrag. Dann müsste der Prozess unterbrochen und möglicherweise noch einmal ganz von vorn beginnen — allerdings erst, nachdem die Anwälte eine „richtige Akte“ bekommen und geprüft haben. Was jede Menge weitere Kosten produzieren würde. Schon jetzt soll der Prozess rund fünf Millionen Euro teuer sein.
Große Lust darauf, das Verfahren nach zehn Monaten noch einmal von vorn zu beginnen, hat niemand. Zumal das Geschehen im Saal weniger durch Wahrheitsfindung, sondern durch allerlei Kuriositäten Schlagzeilen machte. Die vermeintlich geschädigten Freier waren bislang alles andere als überzeugende Zeugen. Einem Geschäftsmann aus dem Norden wurde regelmäßiger Kokain-Konsum nachgewiesen, ein Hotel-Manager hatte das Gericht belogen, als es um seinen Alkohol-Pegel ging, und ein Optiker musste einräumen, dass er einer Prostituierten nach seinem Besuch in der Rethelstraße noch stundenlang SMS-Nachrichten schickte, weil er den Abend im Hotel fortsetzen wollte.
Nun muss zunächst über den Aussetzungsantrag entschieden werden. Möglich ist auch, dass Richter Markus Fuchs versuchen wird, mit dem Bezirksrevisor und den Anwälten eine einvernehmliche Lösung zu finden.