Düsseldorf Seminare gegen Flugangst: Ganz ohne Panik abheben
Flugangst ist für viele Passagiere ein quälender Begleiter — Seminare können helfen.
Düsseldorf. Noch immer bilden sich an den Abfertigungsschaltern lange Schlangen. Fast 1,8 Millionen Passagiere sind in den ersten drei Ferienwochen vom Düsseldorfer Flughafen aus gestartet. 81 000 Menschen waren es allein am verkehrsreichsten Ferientag, dem 26. Juni. Für die gesamten Ferien erwartet der Flughafen rund 3,4 Millionen Passagiere. Für nicht wenige beginnen die schönsten Wochen des Jahres jedoch mit mulmigen Gefühlen: Flugangst. Doch dagegen kann man etwas tun. Fluggesellschaften bieten Seminare mit Psychologen an — auch in Düsseldorf.
Schon seit mehr als 30 Jahren veranstaltet Texter Millott in Zusammenarbeit mit der Lufthansa Seminare für entspanntes Fliegen. Das klingt schon mal viel entspannter als Flugangst. Angeboten werden Gruppenseminare, Follow-up-Kurse, Kabinentraining, Einzel-Coaching. Für Absolventen, die einen Kurs mit Abschlussflug gebucht haben, wird eine Erfolgsquote von 98 Prozent genannt. Die Gruppenseminare sind meist früh ausgebucht.
Flugangst kann einen Flughafen Passagiere kosten. Martin gesteht, dass er Köln-Bonn bucht statt Düsseldorf, „weil von dort die Flugzeit eine Viertelstunde kürzer ist“. Das gehört so zu seinen persönlichen Ritualen, ebenso wie „als Letzter einsteigen, als Erster wieder raus“. Jetzt hat er sich in ein Seminar von Linda Föhrer getraut. Die Psychologin und ehemalige Stewardess ist nach dem Germanwings-Unglück in den Alpen eine gefragte Gesprächspartnerin der Medien. Am Wochenende dreht das Fernsehen während ihres Seminars im Flughafen.
„Das Unglück von Germanwings hat mir den Rest gegeben“, gesteht Kathrin, Viel- und Fernfliegerin in einem Kurs, den Linda kurz nach der Katastrophe gab. Die Angst beginnt oft lange vor dem Flug: „Erst freue mich auf die Reise, dann habe ich das Gefühl, mein Todesurteil zu unterschreiben.“ Einige Teilnehmer nicken verständnisvoll. Der Angst-Auslöser liegt manchmal sogar im Wasser. Bei Anke war es ein Fährunglück. Linda ist mal im Aufzug stecken geblieben.
Platzangst, Höhenangst, Angst vor Kontrollverlust. Und dann sind da noch diese elenden Turbulenzen. Den technischen Part in Düsseldorf bestreitet Jürgen Kobel. Als ehemaliger Lufthansa-Kapitän bringt er die beruhigende Erfahrung von 20 000 Flugstunden mit, „in denen noch nie etwas passiert ist“. Seine nüchternen Erklärungen kommen besonders bei den Männern gut an. Turbulenzen seien einfach nur „Strömungsunruhen des Windes“, psychologisch gesehen nichts anderes als „subjektive Falschwahrnehmungen“.
Aber sie sind nun mal da, die Turbulenzen, steigern sich sogar. Solche Gedanken brauchen Gegensteuerung, sagt Linda. Das gelingt mit Entspannungsübungen. Yoga hilft, auch autogenes Training. Erst wird die Atmung ruhiger, dann der ganze Mensch. Die Teilnehmer üben es.
Als beste Übung erweist sich der Einstieg in eine Maschine auf dem Flugfeld. Jürgen erklärt im Cockpit die Technik. Es ist ein A 320, der gleiche Typ, der in die Alpen stürzte. Die Teilnehmer suchen sich Plätze. Linda: „Ihr werdet sehen, je länger ihr sitzt, desto ruhiger werdet ihr.“ Die meisten bestätigen, „nicht mehr so nervös, eher neugierig“ zu sein. Weil alle wissen, heute müssen sie ja nicht fliegen. Zwar bietet Linda als Ergänzung ihres Seminars auch begleitete Flüge an, aber erst kurze Zeit danach: „Direkt, da wäre für die meisten der Stress zu groß.“
Anke nimmt eine pragmatische Versicherung von Jürgen als Mantra mit aus dem Seminar: „Ein Flugzeug ist ein Allwetter-Flieger, kein Schönwetterflieger.“ Beim letzten unruhigen Flug hat sie ihn für sich aufgesagt. „Und wirklich, das hat geholfen“, berichtet sie. Jetzt freut sie sich auf einen entspannten Ferienflug nach Sri Lanka — ab Düsseldorf.