Düsseldorf Sie helfen den Opfern von Kriminalität
Der Weisse Ring wurde von TV-Moderator Eduard Zimmermann gegründet. In Düsseldorf sind es 370 Mitglieder.
Düsseldorf. Auf dem Weg nach Hause wird Timo K. Zeuge einer Prügelei: Zwei augenscheinlich wehrlose Jugendliche werden von zwei betrunkenen Männern zunächst angepöbelt, dann geschlagen. Als Timo K. beherzt dazwischen geht, reißt einer der Männer ihn so brutal zu Boden, dass er mit seinem Kopf auf das Gehwegpflaster schlägt.
Tagelang liegt Timo K. im Koma. Danach ist er körperlich und seelisch so beeinträchtigt, dass er arbeitsunfähig ist. „Wir haben ihn lange begleitet und persönlich betreut“, berichtet Fritz Keuenhoff. Der Kriminalbeamte arbeitet in seiner Freizeit ehrenamtlich für den Weissen Ring in Düsseldorf. Zusammen mit 17 weiteren Mitarbeitern hilft er Menschen, die Opfer von Straftaten werden.
„Wir haben ihn zur Ambulanz für Gewaltopfer der Stadt Düsseldorf begleitet und ihm auch bei der Umsetzung seiner finanziellen Ansprüche geholfen“, erklärt Keuenhoff.
Auch nach drei Jahren hat Timo K. noch nicht ins normale Leben zurück gefunden. „Aber er ist auf dem Weg“, sagt Keuenhoff zuversichtlich.
Der Weisse Ring wurde vor 40 Jahren ins Leben gerufen und ist Deutschlands größte Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer mit 50 000 Mitgliedern. Initiator und Mitbegründer war der Fernsehmoderator Eduard Zimmermann („Aktenzeichen XY...ungelöst“). Düsseldorf wurde 1979 als eine der ersten von heute 420 Außenstellen gegründet und betreut jährlich rund 300 Opfer. „Die Erfahrung zeigt, dass gerade Opfer von Gewalttaten mit den Folgen der Tat und den sich daraus ergebenden Problemen meist nur schwer alleine klar kommen“, sagt Wolfgang Gatzke, Mitglied im Fachbeirat Kriminalprävention beim Weissen Ring. Der ehemalige Direktor des Landeskriminalamtes NRW engagiert sich ebenfalls für Kriminalitätsopfer.
Ein Wohnungseinbruch, ein Handtaschendiebstahl, häusliche oder sexuelle Gewalt, Stalking — auch bei einem Tötungsdelikt kann der Weisse Ring den Angehörigen helfen. „Wir leisten immer praktische Hilfe im akuten Fall, bieten finanzielle Unterstützung in tatbedingten Notsituationen, übernehmen Anwaltskosten, begleiten zu Terminen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht und sind gute Zuhörer“, erläutert Keuenhoff. Zu den Mitarbeitern beim Weissen Ring gehören oft Juristen, ehemalige Mitarbeiter bei Gericht, Polizeibeamte und Lehrer.
„Lange Zeit hat uns auch ein ehemaliger Versicherungsmakler sehr engagiert geholfen,“ berichtet Keuenhof weiter. Wer sich sozial engagieren will beim Weissen Ring, muss zunächst hospitieren und dann zwei Wochenendseminare absolvieren. Die Aufgabe sei nicht leicht und professionelle Distanz nötig: „Es gibt Fälle, da ist in der Gemengelage nicht klar, wer Opfer und wer Täter ist“, sagt er. „Und dann gibt es Fälle, wo wir viel Aufbauarbeit leisten und dann kehrt zum Beispiel eine Frau doch zu ihrem brutalen Ehemann zurück.“
Rund 200 Millionen Euro haben Kriminalitätsopfer bundesweit vom Weissen Ring in den vergangenen 40 Jahren erhalten. „Wir finanzieren uns aus Spenden, Bußgeldern vom Gericht, die zu unseren Gunsten fließen, Nachlass-Spenden und Mitgliedsbeiträgen“, erklärt Keuenhoff. Eine große Errungenschaft sei die Zusammenarbeit mit der Polizei: „Dort bekommen Opfer die Info über uns.“
Juliane Bosselmann arbeitet beim Kriminalkommissariat für Opferschutz: „Der Weisse Ring ist ein wichtiger Bestandteil des Düsseldorfer Opferhilfenetzes und deckt viele Bereiche ab, die andere Einrichtungen oft nicht leisten können, wie zum Beispiel die finanzielle Soforthilfe und anwaltliche Beratung“, sagt sie.
„Die Polizeibeamten in den Wachen geben schon bei der Anzeigenaufnahme den Kontakt zum Weissen Ring an die Opfer weiter.“