Stadt-Teichen Das Düsseldorfer Straßenbild steht auf der Kippe. Wortwörtlich, wenn es um das Pflaster geht.
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Man spricht ja heute sehr viel über die Generation Kopf unten. Gemeint sind die — nicht nur — jungen Leute, die beim Gehen auf ihr Smartphone starren. Dabei könne es leicht zu Unfällen kommen, heißt es. Logisch. Doch dort, wo Düsseldorf besonders hart mit Füßen getreten und am frühen Morgen vom Lieferverkehr überfahren wird, im Herzen der Altstadt, und weiter im Bereich um die Schadow-Arkaden ist das nur die halbe Wahrheit. Dort kommt es eher zu Unfällen, wenn man nicht nach unten guckt und dabei ein tiefer liegendes Problem übersieht: Umbriano.
Was klingt, wie ein italienisches Restaurant ist der Name der Pflastersteine, die hier verlegt worden sind, vor etwa sechs Jahren auf mehr als 23 000 Quadratmetern für mehr als fünf Millionen Euro.
Als langjährige Altstadt-Bewohnerin erinnere ich mich noch gut: Der letzte Stein war noch nicht verlegt, da war der erste schon kaputt, gerissen, Kanten platzten ab, Platten senkten sich und bildeten neue, nicht selten zentimeterhohe Kanten. In den Ritzen sammelte sich allerlei, aus manchen sprießt inzwischen Unkraut. Anfangs musste die Baufirma ausbessern, inzwischen sind drei bis vier konzertierte Reparatur-Aktionen pro Jahr auf Kosten der Stadt, sprich Steuerzahler, fällig. Sogar der Bund der Steuerzahler stolperte schon über das Thema Düsseldorfer Pflaster.
Allein an der Bolkerstraße mussten anfangs 15 Schadstellen ausgebessert werden. Regenwasser lief in die verkehrte Richtung, bildete Pfützen statt abzulaufen. Reifen der Lieferfahrzeuge reiben sich auf den Platten und sorgen für hässliche schwärzliche Verschmutzungen. Und überall die üblichen Kaugummiflecken. Die Ausreden der Stadt sind schon Legende: Es liege eben an der intensiven Nutzung der Gehwege in der Altstadt, für die Verschmutzungen sei der Schwerlastverkehr zu Lieferzeiten verantwortlich. Medien schrieben von Ekelpflaster. Fleckentfernung sei schwierig, hieß es, Hochdruckreiniger könnten dem empfindlichen Pflaster schaden. Empfindlich? Wo die Stadt mit Füßen getreten wird, dürfte sie eigentlich nicht so empfindlich sein, oder?
Neulich in einer Altstadt-Gasse, es hatte gerade geregnet, Neon-Reklame und erste Weihnachtsbeleuchtungen spiegelten sich auf dem mit unregelmäßigen hellen und dunklen Punkten übersäten Pflaster. Hier und da blitzen platt gefahrene Kronkorken auf. Noch schlimmer sieht’s an den Schadow-Arkaden aus, dort steht das Düsseldorfer Stadtbild auf der Kippe. In den schwarzen Ritzen sammeln sich in unregelmäßigen Abständen Zigarettenstummel zu einem originellen geometrischen Muster. Für einen kurzen Moment könnte man meinen, auf einem unfreiwilligen Kunstwerk zu wandeln. Dabei ist diese unschöne großflächige Installation nur eine Stolperfalle der Stadt-Gestaltung.
Manchmal bin ich beinahe versucht, mein Scherflein beizutragen, und Centstücke in die zu breiten Fugen zu stecken. Altstadt-Wirte haben schon Kisten drübergestülpt, damit ihre Gäste nicht ins Stolpern kommen — nicht nur nach Alkoholgenuss. Die rotierenden Bürsten der Awista können hier wenig ausrichten. Im Gegenteil: Sie kehren das Problem quasi unter den Teppich, sprich nur noch tiefer in die Ritzen dieser Stolperfalle der Stadt-Gestaltung.
Nicht nur ich wünsche mir manchmal das historische Altstadt-Pflaster zurück, obwohl es mir in meiner Jugend die Stöckelschuhe ruinierte, wovon so mancher Altstadt-Schuster profitierte. Was zu dessen Überleben aber leider auch nicht gereicht hat.
Aber wie heißt es so schön: Aus Schaden wird man klug. Inzwischen wird — endlich! — neues Fußgänger-Pflaster entlang der Breite und Kasernenstraße verlegt. Klüger sieht das allerdings nicht aus, nur etwas kleiner in der Platte. Und schmutzig ist es auch schon. An manchen Stellen sogar schön schmutzig, da wo die fallenden Blätter ihre Muster hinterlassen haben.