Stadt-Teilchen Nachts unterwegs in Düsseldorf, leicht beschwipst:
stadt-teilchen Nachts unterwegs in Düsseldorf, leicht beschwipst:
Düsseldorf. Es ist kalt, es ist dunkel, es ist zwei Uhr nachts. Draußen an der Rheinpromenade. Mitten in der Woche. Düsseldorf ist so ruhig, wie man es sonst selten erlebt. Kein Mensch auf der Straße. Alles leer. Wer die Stadt mal eine Weile für sich allein haben möchte, sollte sie aufsuchen, wenn die anderen fast alle schlafen, wenn es so eisig ist, dass ein jeder seine Tür von innen festhält, wohl hoffend, dass die Kälte an ihm vorüber ziehen möge.
Die Straßen sind nass und leuchten vom Wiederschein der Laternen. Wenn der Wind bläst, verwehen auch diese Reflektionen. Nur auf dem Wellenpflaster scheint kein Licht zu liegen. Es wirkt stumpf, so als wolle es sich ausschließen vom Rest. Als es gelegt wurde, hat man befürchtet, den Menschen könne schlecht werden ob der Wellen. Was für ein Unsinn! Heute sind die Wellen auf dem Pflaster besonders großartig, wenn man ein bisschen was getrunken hat und den Weg von der Rheinterrasse zum Hafen sucht.
Dann kann man den Blick senken, und auf sonderbare Weise werden aus Wellen Wege, gerade Wege, Wege, die heimführen. Wellen? Wo? Keine gesehen. Wandelbares Pflaster. Aber die Sensation ist das darüber. Die Stille. Höchstens das Fauchen des Windes stört die Idylle. Kein Schiff tuckert. Auch Schiffe müssen schlafen. Der Rhein bleibt allein. Am Joseph-Beuys-Ufer ist noch jemand wach. Oben in der dritten Etage brennt noch Licht. Grund genug, stehenzubleiben, reinzuschauen in diese fremde Welt der Nacht, der Schlaflosigkeit.
Die Ausstattung der Wohnung ist nobel. Deutlich zu sehen durch diese Riesenscheiben. Gemälde an der Wand, geschmackvoll drapierte Lampen, dezent gesetzter Schatten. Licht ist wichtig beim Wohnen, Licht erleuchtet das Leben. Nachts um zwei wirkt das Licht aus der Wohnung, als lebe dort jemand für die Außenwirkung, für jene, die gerade beschwipst die Promenade entlang dackeln und sich führen lassen vom Wellenpflaster.
Die Augen dieser trunkenen Bolde werden für einen Moment eingeladen in die Behaglichkeit eines gepflegten Wohnpalastes. Hier auch mal wohnen, lautet der prompt aufpoppende Wunsch. Hier auch mal wohnen. Eine Minute später faucht der Wind wieder und vertreibt die Träume. Weiter, nach Hause, den Wellen nach.
Ein Flaschensammler kommt auf dem Rad daher. An jedem Papierkorb hält er an, inspiziert ihn mit seiner Lampe nach Verwertbarem. Hallo, Flaschensammler, denkt der Trunkene, aber der Flaschensammler hört den Gedanken nicht. Er hat zu tun, er hat Arbeit. Konzentration muss sein beim Job. Kein Hallo für den Wellenwanderer. Der Weg wird länger, wenn man dauernd stehen bleibt, wenn man sich immer wieder beeindrucken lässt von den Eindrücken der Nacht. Die Nacht ist mein Freund, die Nacht ist gut, die Nacht ist meine. Sie gehört mir. Weil der Flaschensammler sie nicht will, kann ich sie haben.
Nachts in Düsseldorf. Das ist schön. Noch schöner ist die Fähigkeit, aus dem Beliebigen Sensation saugen zu können. Als sich die eigene Wohnung nähert, keimt der Wunsch, sich bald wieder beschwipsen zu lassen. Von der Nacht, vom Rhein, vom Wellenpflaster, von Düsseldorf. Schön, hier zu sein.