Astronomie Diese Düsseldorfer folgen den Sternen

Düsseldorf · Hobby-Astronomen fotografieren Lichtjahre entfernte Phänomene. Die Faszination Weltraum hat jedoch noch viel mehr Facetten. Ein Besuch des Astrostammtischs.

 Der Orion-Nebel ist 1350 Lichtjahre von der Erde entfernt. Hier aufgenommen von Michael Wynands.

Der Orion-Nebel ist 1350 Lichtjahre von der Erde entfernt. Hier aufgenommen von Michael Wynands.

Foto: Michael Wynands

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Mit diesen Worten beginnt ja jede Star-Trek-Folge. Doch man muss nicht mit dem Raumschiff Enterprise unterwegs sein, um etwas über weit entfernte Sterne, Planeten und Galaxien zu erfahren. Man kann auch einfach den Astro-Stammtisch in Düsseldorf besuchen.

Dort können einem wie an diesem Dezemberabend in einer Runde mit etwa 20 Hobby-Astronomen im Restaurant Efsin in Unterbilk auch Lichtjahre entfernte Gegenden plötzlich ganz nahe kommen. Michael Wynands zeigt gerade auf einem Tablet eine seiner Fotografien. Zu sehen ist – gestochen scharf – der Orion-Nebel. Ein leuchtend-lachsfarbender, wolkenartiger Wirbel, der fast aussieht wie ein Herz, flankiert und durchzogen von Sternen, die funkeln wie Weihnachtsbaumkugeln. Dieser Orion-Nebel, ein Geburtsort für Sterne, ist übrigens 1350 Lichtjahre entfernt von der Erde. Hört sich überschaubar an? Ein Lichtjahr ist die Maßeinheit für eine Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt, und das sind 9,46 Billionen Kilometer. Und diese unvorstellbare Entfernung müsste nun noch mal mit 1350 multipliziert werden, also, lassen wir das lieber.

 Die Hobby-Astronomen Michael Wynands (l.) und Sascha Stojanoski tauschen sich beim Stammtisch über ein Sonnen-Teleskop aus.

Die Hobby-Astronomen Michael Wynands (l.) und Sascha Stojanoski tauschen sich beim Stammtisch über ein Sonnen-Teleskop aus.

Foto: David Young

Dennoch deckt das Rechenbeispiel einen Teil der Faszination auf, die Hobby-Astronomen wie Michael Wynands für die Sterne entwickelt haben. Denn trotz der gefühlt unendlichen Weiten, lassen sie sich dennoch beobachten und sogar fotografieren. Und es stellen sich ganz automatisch existenzielle Fragen. Der 49-Jährige sagt: „Es geht auch darum, sich mit dem eigenen Platz im Universum zu beschäftigen, und um die Frage: Wo kommen wir her? Denn letztlich sind wir alle Sternenstaub.“ Noch ein Aspekt, der einem die so abstrakt klingende Wissenschaft von den Gestirnen nahe kommen lässt.

Teilnehmer sind von Leben auf anderen Planeten überzeugt

Die Frage des Journalisten nach der Möglichkeit außerirdischen Lebens wird von den Teilnehmern übrigens recht schnell abgehandelt. Bei der von Forschern geschätzten Zahl von einer Billion Galaxien, von der jede 100 Milliarden Sterne enthalten kann? „Es wäre sehr unwahrscheinlich, wenn es nur auf der Erde Leben geben würde“, sagt Michael Wynands begleitet von allgemeinem Nicken in der Runde.

 Die so genannte Whirlpool-Galaxie, 25 Millionen Lichtjahre entfernt von der Erde.

Die so genannte Whirlpool-Galaxie, 25 Millionen Lichtjahre entfernt von der Erde.

Foto: Michael Wynands

Doch die Anziehungskraft der Astronomie hat noch mehr Ursachen. Das Ganze hat etwas von einer Schatzsuche. Das hat mit der wichtigen Rolle zu tun, die die vielen Hobby-Sternenforscher weltweit spielen. Nach dem Motto „viele Augen sehen mehr“ entdecken auch sie schon mal Kometen oder eine Supernova, die den Profis verborgen blieben. Spektakulär der Fall eines Hobby-Astronomen, der vor drei Jahren zufällig eine Supernova fotografierte, in einer Entfernung von 80 Millionen Lichtjahren. „Davon träumt natürlich jeder“, sagt Michael Wynands.

Die Faszination setzte bei vielen am Tisch früh ein. Der IT-Fachmann und Ingenieur Wynands kam als naturwissenschaftlich interessierter Teenager zur Astronomie und bekam sein erstes Teleskop aus dem Pfandhaus zu Weihnachten geschenkt. Elektrotechniker Sascha Stojanoski hingegen ging es mehr um die Ästhetik, die ihn schon als Kind packte. Unvergesslich sind dem 45-Jährigen die abendlichen Familienausflüge in die Berge Mazedoniens, bei denen er sich mit bloßem Auge in die Strukturen der Milchstraße vertiefte. Besonders imponieren ihm heute Blicke durch ein Sonnenteleskop, das sich in der kleinen mitgebrachten Variante wie ein Fernrohr in die Hand nehmen lässt. Auf Fotos zeigt er Stürme, die sich wie gigantische Feuerwellen mit Durchmessern von 100 000 Kilometern auf der Sonne auftürmen. Kleine Warnung am Rande: Wer einen solchen Blick mit einem normalen Teleskop riskiert, würde sofort erblinden.

 Der Pferdekopfnebel ist drei Lichtjahre entfernt und Teil einer so genannten Dunkelwolke im Sternbild „Orion“. Sie hebt sich einem Pferdekopf ähnelnd vor einem rot leuchtenden Nebel ab.

Der Pferdekopfnebel ist drei Lichtjahre entfernt und Teil einer so genannten Dunkelwolke im Sternbild „Orion“. Sie hebt sich einem Pferdekopf ähnelnd vor einem rot leuchtenden Nebel ab.

Foto: Michael Wynands

Noch ein weiterer kleiner Abenteuerfaktor kommt ins Spiel. Denn um die Sterne wirklich gut sehen zu können, ist Düsseldorf zu hell. Der Segelflugplatz in Knittkuhl reicht da schon mal für einen Ausflug in die Dunkelheit, noch besser geht das jedoch in der Eifel. Und als Andreas Langer dort mit seiner Stirnlampe auf weitem Feld stand, wäre er fast unter die Hufe eines Wildschweinrudels geraten. „Ich konnte mich gerade noch hinter meinem Auto verstecken“, sagt er und lacht. Mittlerweile sei Astronomie allerdings so in Mode gekommen, dass auch die Eifel vielen nicht mehr reiche. So werden spezielle Reisen angeboten, Teleskope zum Leihen inklusive, nach Namibia, Südafrika oder La Palma. Berichte von solchen Reisen sind gern gesehen beim Stammtisch. Denn der Himmel über der Südhalbkugel ist ein völlig anderer als hier.

Langer ist noch ein anderer Aspekt seines Hobbys wichtig: die Fotografie mit all ihren Möglichkeiten. Auch das Bearbeiten der Bilder und die Versuche, Störungen herauszufiltern und Farben herauszuarbeiten, die mit bloßem Auge durchs Teleskop gar nicht zu erkennen sind. „Das ist wie beim Schmieden, wie ein künstlerischer Akt“, sagt er.

Fokus muss während Belichtung mit Sternbild wandern

Natürlich auch ein technischer. Denn es kann zwar auch spannend sein, nur mit der Kamera den Himmel zu fotografieren. Wer aber mehr will, braucht einen Adapter, um die Spiegelreflexkamera mit dem Teleskop zu verbinden. Eine so genannte Nachführung sorgt im besten Fall computergesteuert dafür, dass der Fokus während der langen Belichtungszeiten mit dem Sternenbild mitwandert. Klingt nach einer Materialschlacht. „Muss es aber nicht sein“, sagt Wynands, der sogar ein Teleskop selber gebaut hat. „Man kann erstmal sehr gut mit einem gebrauchten Teleskop für 500 Euro arbeiten.“ Es gebe mittlerweile sogar einen Trend, der der Herkunft der Redewendung „astronomische Preise“ etwas entgegensetzen soll: Mit möglichst wenig Mitteln viel zu sehen. Am Stammtisch kursiert sogleich die Geschichte von einem Abflussrohr, das zum Teleskop umgebaut wurde und im Internet für Furore sorgte. Der Tipp der Teilnehmer für alle Einsteiger: einfach mal zum Stammtisch kommen und beraten lassen. „Es ist jeder willkommen“, sagt Wynands.

Das nächste Treffen ist am Mittwoch, 8. Januar, ab 19 Uhr am Fürstenwall 66B, Restaurant Efsin. Mehr Infos im Internet: