stadt-teilchen Namen sind nicht nur Schall und Rauch

Kurze Straßennamen machen das Leben wesentlich unkomplizierter

Das mit den kurzen Straßennamen, das sind nur Träume: Lange 21 Zeichen hat die Hermann-Reuter-Straße. Archivfoto: BS

Foto: Schaller, Bernd (bes)

Düsseldorf. Das Leben ist kompliziert. Also für mich kompliziert genug. Ich mag es daher, wenn etwas einfach daherkommt. So wie mein Name: Hans Hoff. Zwei Silben, zweimal vier Buchstaben, fertig. Natürlich steckt da nicht viel Melodie drin. Wenn ich mich in Eile am Telefon melde, klingt mein „Hans Hoff“ manchmal wie das Bellen eines sehr aggressiven Straßenköters. Sagen meine Bekannten. Ich könnte ja durchaus meinen dritten Namen reintegrieren, schließlich heiße ich von Geburt an eigentlich Hans Dieter Hoff. Das erinnert im Silbenton nicht nur an den großartigen Hanns Dieter Hüsch, in dessen Schatten ich mich gerne kuschele, es hat auch mehr Melodie als mein gebelltes „Hans Hoff“.

Aber ehrlich gesagt ist mir das mit der Melodie egal. Ich habe es lieber einfach. Ich liebe kurze prägnante Namen. Manchmal stelle ich mir vor, meine Eltern wären adelig gewesen und hätten mir viele Vornamen und einen noch längeren Nachnamen hinterlassen. Ich hieße dann Johannes Dietrich Wilhelm Maria Hubert von Kwatschikowsky und Albernhausen. Nicht auszudenken, was damit anzufangen wäre in Zeiten, da man alle naselang seinen Namen in irgendwelche Internetformulare tippen muss. Wieviel Zeit verbrächte ich dort, wenn ich Johannes Dietrich Wilhelm Maria Hubert von Kwatschikowsky und Albernhausen hieße. Wahrscheinlich hätte ich das Namensmonstrum längst verkürzt auf Jo Kwatsch oder so.

Ich liebe es daher auch, dass ich in einer Straße mit einem kurzen Namen wohne. Zehn Buchstaben lang ist meine Straße in Unterbilk. Dazu die acht meines Namens, da geht es im Internet gleich flotter voran. Es könnte natürlich noch flotter voran gehen, wenn ich auf der Kö wohnte. Zwei Buchstaben nur mit unüberbietbarer Eleganz, zehn zusammen mit meinem Namen. Das wäre was. Allerdings habe ich mir schon ausgerechnet, dass die Zeitersparnis beim Ausfüllen von Internetformularen in keinem Verhältnis stünde zum Zeitaufwand, der nötig wäre, um mir ein Leben auf der Kö finanziell leisten zu können. Billiger käme es mich da sicherlich, wenn ich zum Seeweg in Unterbach ziehen würde. Oder zum Karweg in Holthausen. Sechs Buchstaben nur. Faszinierend. Wenn ich nur einen Buchstaben drauf legte, käme auch der Roßpfad in Wittlaer in Frage.

Aber das mit den ganz kurzen Namen, das sind nur Träume. Gute Träume. Letztens hatte ich aber auch einen schlechten. Ich träumte, ich hieße Johannes Dietrich Wilhelm Maria Hubert von Kwatschikowsky und Albernhausen und wohnte am Anna-Maria-Luisa-Medici-Platz in der Karlstadt. Ich erwachte schweißgebadet. Das wären mit allen Bindestrichen glatte 29 Zeichen. Die passen doch in kein Internetformular. Sofort begann ich Menschen mit langen Adressen zu bemitleiden. Erst recht, wenn sie auch noch lange Namen haben. Aber es geht durchaus noch schlimmer. In einem Verzeichnis Düsseldorfer Straße entdeckte ich, dass es noch zeitraubendere Adressen in Düsseldorf gibt. Ich meine, was hat man verbrochen, wenn man in die Carl-Friedrich-Goerdeler-Straße in Garath eingewiesen wird und fortan 31 Zeichen ins Formular setzen muss? Wenn man dann noch Johannes Dietrich Wilhelm Maria Hubert von Kwatschikowsky und Albernhausen heißt, hat man doch die Rente durch, bis man mit dem Ausfüllen fertig ist.

Beim Stöbern durch die 2555 Straßennamen, die es laut Auskunft des örtlichen Verkehrsmanagements in Düsseldorf gibt, fiel mir auf, dass die Zeiträuber aus Michael Endes Erzählung „Momo“ besonders bei der Gründung von Hellerhof zugeschlagen haben. Dort finden sich reihenweise ellenlange Namen. Clausthal-Zellerfelder-Straße, Hans-Christoph-Seebohm-Straße und Philipp-Scheidemann-Straße. Zwischen 26 und 29 Zeichen sind dort zu bewältigen. Was haben die Menschen im Süden getan, dass ihnen solche Herkulesaufgaben aufgebürdet wurden? Immerhin sind sie noch besser dran als jene, die zwar einen kürzeren Straßennamen vorweisen können, diesen dafür jedes Mal buchstabieren müssen. Ich stelle mir beispielsweise vor, ich wollte telefonisch etwas bestellen und gäbe als Adresse die Marie-Juchacz-Straße in Mörsemnbroich an. Die hat zwar mit Bindestrichen nur 20 Zeichen, aber das mit dem C und dem Z am Schluss muss sicherlich öfter mal erklärt werden. Und das dauert.

Ich liebe daher prägnante Namen. Da darf es auch mal einen Hauch länger werden. Die Bachstraße ist ein schönes Beispiel für diese von mir präferierte kristallklare Simplizität. Da weiß gleich jeder Bescheid, niemand verhört sich, kaum jemals wird diese Adresse falsch geschrieben. Die Kaistraße oder den Hellweg finde ich persönlich auch nicht schlecht. Die sind kurz und prägnant zugleich. Mein heimlicher Favorit zeichnet sich indes nicht durch besondere Kürze aus, dürfte aber kaum jemals falsch geschrieben werden, weil er jedem Menschen beim ersten Hören ein Lächeln und damit einhergehend erhöhte Aufmerksamkeit aufs Antlitz zaubert. Wenn es also nur nach dem Straßennamen ginge, wohnte ich gerne in Gerresheim am Pillebachweg. Ich finde, da vermählen sich das Klare und das Niedliche aufs Trefflichste. Für einen Wohnsitz am Pillebachweg würde ich sogar einen langen Namen in Kauf nehmen.

In diesem Sinne: Untertänigst Ihr Johannes Dietrich Wilhelm Maria Hubert von Kwatschikowsky und Albernhausen.