Stadt-Teilchen Unser Dorf soll schöner werben
Stadt-Marketing wird manchmal zu kurz gedacht — dabei geht’s auch „individuEller“
Jeder hat schließlich ein Recht auf ein Dach überm Kopf. Auch eine Stadt wie Düsseldorf. Die braucht eine Dachmarke. Dafür gibt’s eine Dachgesellschaft: die Düsseldorf Marketing GmbH (DM). Davon hörte man lange Zeit so gut wie nix. Weil: Dort wurde gebrütet. Neun Monate lang. Was dabei heraus kam? Ein Wachtel-Ei der Stadtwerbung: ein ganz klein(geschrieben)er Spruch: Düsseldorf näher zu uns. Wohin genau? Ist nicht zu erkennen in der Silhouette der schattenhaften Illustration der aktuell geschalteten Anzeigenkampagne. Könnte auch Rheinhausen sein.
Die Aufgabe lautete: Näher zu uns hingezogen fühlen sollen sich die Menschen zu der Stadt, von der 98 Prozent der Deutschen zumindest schon mal was gehört haben wollen. Immerhin noch 44 Prozent der Europäer. Wobei die meisten allerdings nichts Konkretes verbinden mit Düsseldorf. Das ist das Ergebnis der Befragung tausender Menschen. Hätte man auch so wissen können? Offensichtlich nicht. Deshalb werden noch mal die Düsseldorfer eingebunden: ab 18. Januar im Rahmen eine Ausstellung im Stadtmuseum. Dafür kommt die Dachgesellschaft noch näher zu uns, wird quasi museumsreif, indem sie ihre Schreibtische in die Ausstellung rückt.
Der Werber weiß: Der Mensch greift gern zum Markenartikel seines Vertrauens. Dabei sucht er auch die Bestätigung, dass er richtig gewählt hat, einen Artikel oder einen Ort mit Mehrwert. Auf Werbedeutsch heißt das USP: Unique Selling Proposition. Gemeint ist damit ein Alleinstellungsmerkmal, womit sich eine Sache oder Dienstleistung oder auch ein Ort von anderen, vor allem Mitbewerbern unterscheidet.
Nähe als USP? Nicht wirklich nahe liegend. Anstatt selbstbewusst zuzugehen auf die Anderen, bleiben wir stehen in der Stadtwerbung, grinsen einfach verlegen weiter mit unserem lächerlichen D: Das könnte sogar missverstanden werden als die uns so oft vorgeworfene Arroganz und Überheblichkeit: Sollen sie doch kommen. Näher zu uns.
Überhaupt: Nähe muss man aushalten können in diesen oft übergriffigen Zeiten, wo uns die Oberbürgermeisterin von der Domstadt Köln empfiehlt, immer eine Armlänge Abstand zu halten. Die haben gut reden. Die haben ja ihren Dom als Markenzeichen und dazu einen griffigen Slogan: „Köln das ist ein Gefühl“. Und was ist Düsseldorf? Gefühlt? In der Nähe liegt die Kraft. Von Düsseldorf. Schön und gut. Aber das muss man auch für weit weg übersetzen (können), für internationale Kampagnen, näher zum Rest der Welt, wo man uns erst mal wahrnehmen muss, bevor man unser wunderschönes, lebens- und liebenswertes Global Village kennen lernt und versteht. Die Messe Düsseldorf fährt da seit Jahren vorbildliche, international funktionierende Kampagnen. Beispiel: Basis for Business. Versteht jeder. Auch Düsseldorf braucht solch einen griffigen Slogan. Come closer? Klingt komisch. Dann schon eher: Think small. Damit bewarb VW einst selbstbewusst und erfolgreich seinen Käfer in den USA.
Selbst einzelne Düsseldorfer Stadt-Teilchen sind da schon weiter, näher dran. Beispiel Eller. Hieß es dort früher „In Eller stirbst Du schneller“, ist man heute stolz darauf, individuEller zu sein. Ziel der rührigen Werbegemeinschaft: das individuelle Angebot des Handels, das Stadtbild und die öffentliche Wahrnehmung über die Stadtteilgrenzen hinaus zu verstärken. Nicht nur, indem man gemeinsam das Gumbertstraßenfest feiert, sondern wenn nötig auch den Bahnhof Eller-Süd schrubbt. In den Bezirken werden sogar von ehrenamtlichen Vereinsmeiern Werbekampagnen solide gebaut: Erst ein Konzept als Fundament, dann die verschiedenen Aktionsräume, erst zum Schluss das Dach bzw. die Dachmarke drauf.
Und was fällt uns da im Großen und Ganzen zu Düsseldorf ein? Das Gute liegt so nah: Unser Dorf soll schöner werben.