Streik im öffentlichen Dienst Streik beschert den Taxis einen Boom: „Einmal Königsallee, bitte!“
Busse und Bahnen bleiben im Depot. Schüler und Autofahrer suchen andere Wege, um zu Schule und Arbeit zu kommen. Viele haben sich darauf eingestellt und nehmen das gelassen. Manche Pendler aber sind richtig zornig.
Düsseldorf (dpa) - Wildwest am Taxistand: Vor dem Hauptbahnhof sehnen 40 Reisende ein Taxi herbei. Eben standen Geschäftsleute, Angestellte und junge Leute noch in einer langen Schlange. Doch heranfahrende Wagen werden sofort von dem Pulk umlagert. „Einmal Königsallee, bitte!“, ruft ein Geschäftsmann und steigt als erster ein. „Fährt einer zur Theodor-Heuss-Brücke?“, schreit immer wieder ein junger Mann. Busse und Bahnen fahren wegen des Streiks im öffentlichen Nahverkehr nicht - aber alle müssen weiter.
Rund 270 000 Reisende und Besucher werden täglich am Düsseldorfer Hauptbahnhof gezählt, es ist nach Köln der zweitgrößte in NRW. Am Dienstag war dort auf dem Weg in die Stadt oder zur Arbeit Endstation: keine Straßenbahn, keine U-Bahn und kein Bus. Sogar Studenten, die sonst kein Geld für sowas haben, nehmen ein Taxi. „Wir haben ein Pflichtpraktikum mit Anwesenheitspflicht“, erklärt Louis, ein 20-jähriger Biologiestudent. Eine halbe Stunde noch, dann müssen er und sein Mitstudent Brian im Labor sein.
Auf die streikenden Fahrer von Bus und Bahn sind die Pendler nicht gut zu sprechen. „Ich hab für sowas kein Verständnis“, zischt eine Angestellte, und ihre Augen blitzen vor Zorn. Die Bilanz der Frau im schicken Kostüm: 20 Euro fürs Taxi, verspäteter Arbeitsstart und deshalb Nacharbeit - und daheim warten die Kinder.
„Der öffentliche Dienst kann es sich leisten zu streiken.“ Das sagt, ziemlich ungehalten, ein Geschäftsmann, mit hellem Trenchcoat und Aktentasche in der Hand. Außerdem hätten die Streiks zugenommen in letzter Zeit, motzt er: am Flughafen bestimmt fünf Mal im Jahr.
Allein am Dienstag hatte die Gewerkschaft Verdi in NRW Beschäftigte in 51 Städten zum Streik aufgerufen. Unter anderem in Bielefeld, Münster, Düsseldorf, Mönchengladbach, Bochum und Essen wurde gestreikt. Hunderttausende Pendler waren davon betroffen.
Zwar waren noch mehr Autos als sonst auf den Straßen unterwegs. Aber auch Bürgersteige und Radwege waren voller. Berufstätige und Schüler gingen zu Fuß oder stiegen auf nicht bestreikte S- oder Regionalbahnen um, um halbwegs pünktlich zu Arbeit oder Schule zu kommen. Andere organisierten Fahrgemeinschaften oder nahmen in der S-Bahn das Rad mit.
Die meisten sind informiert über den Streik, aber nicht alle. „Wie? Kein Bus, keine Bahn?“, sagt ganz irritiert ein Mann in Arbeitsmontur in einem Zeitungsladen. Wie er nun in die Linienstraße komme? „Och, das sind zu Fuß sportliche 35 Minuten“, sagt der Zeitungsmann aufmunternd.