Sport Immer bespielbar, aber ökologisch bedenklich: Der Kunstrasen-Streit
Düsseldorf · Die Grünen wollen den Bau neuer Kunstrasenplätze stoppen, die CDU hält dagegen. Ist Kork-Granulat die Lösung?
Tausende Düsseldorfer Vereins- und Hobbyfußballer lieben Kunstrasenplätze, vor allem die der neueren Generation, die sich wie ein weicher Teppich bespielen lassen. Der Belag ist sauber, eben und praktisch immer bespielbar. Aber ökologisch ist er hochproblematisch. Zwar haben sich Befürchtungen, das Gummigranulat sei gesundheitsgefährdend, nie wirklich belegen lassen. Aber dass die Entsorgung der abgespielten Beläge ein Problem für die Umwelt ist, bestreitet heute niemand mehr.
In Düsseldorf führt das nun zu politischem Streit. Die Grünen wollen mindestens ei en Stopp für die Anlage neuer Kunstrasen-Sportplätze erwirken: „Erstens haben wir in Düsseldorf auch im Städtevergleich schon immens viele davon, wie jüngst eine Sportstätten-Wirksamkeitsstudie ergeben hat. Dann sind sie sehr teuer und vor allem umweltschädlich“, sagt Bürgermeister Wolfgang Scheffler.
Stefan Wiedon, der Sportexperte der CDU, hält voll dagegen. Und macht klar, dass dies ein willkommenes Wahlkampfthema wird: „Mit uns gibt es keine generelle Absage an neue Kunstrasenplätze, dafür ist der Belag einfach viel zu gut geeignet für Fußball, aber auch Hockey.“
Kunstrasenplätze sind mehrschichtig aufgebaut und unterschiedlich verfüllt. In Düsseldorf nutzte man dazu bei der ersten Generation oft viel Sand, doch dadurch wurden die Plätze schnell sehr hart. Deshalb griff man dann bevorzugt zu Granulat, das meist aus alten Autoreifen hergestellt wird. Auf so manchem Fußballplätzen liegen bis zu 100 Tonnen davon. Regnet es, kann ein Teil davon verloren gehen und ins Abwasser gelangen.„Bei einer Studie des Fraunhofer-Instituts kam heraus, dass der Abrieb von Sportplätzen mit Kunstrasen oder Kunstbelägen zu den größten Quellen von Mikroplastik-Partikeln in den Meeren zählt“, sagt Petra Berghaus von den Grünen. Udo Skalnik, der frühere Sportamtsleiter und jetzige SPD-Vertreter in der Bezirksvertretung 9 in Benrath, hat diese Erfahrung nicht gemacht. Er sagt: „Durch die guten Drainagen und Auffangmöglichkeiten auf den Düsseldorfer Sportplätzen gelangt es nicht leicht ins Grundwasser.“
Skalnik hat jetzt eine umweltverträglichere Kuntrasenverfüllung ins Gespräch gebracht: Kork. Damit habe man in Hamburg gute Erfahrungen bei Spieleigenschaften und Haltbarkeit gemacht, zudem sei der Kork biologisch abbaubar. Beim Gummigranulat dagegen zeigte sich im letzten (heißen) Sommer, dass es bei Hitze verklumpt, weshalb einige Plätze länger unbespielbar waren (u.a. SC West). Auch deshalb zeigt sich der aktuelle Sportamtsleiter Pascal Heithorn offen: „Ja, wir wollen beim Füllmaterial 2019 neue Wege gehen und insbesondere die gut abbaubaren Materialien Sand und Kork bei Erneuerungen testweise einsetzen“, sagt er. Sand korrespondiere heute mit den modernen Halmen des Kunstrasens besser. Und Kork könne er sich zum Beispiel für den zweiten Platz der SG Benrath-Hassels gut vorstellen. Um diesen Platz „Am Wald wird besonders heftig gestritten. Beim Verein pocht man auf frühere Zusagen der Stadt, aus dem alten Aschen- jetzt einen Kunstrasenplatz zu machen, nachdem der Verein das Feld zuvor für eine Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung gestellt hat. Scheffler sieht das anders: „Versprochen worden ist eine Aufwertung des Platzes, besser wäre Naturrasen.“ Doch der Verein befürchtet, wie so viele andere auch, dass der vor allem im Winter unbespielbar ist.
In diese Kerbe haut auch Wiedon: „Natürlich ist Naturrasen ökologisch Kunstrasen weit überlegen, aber genau umgekehrt ist es bei der Bespielbarkeit übers Jahr.“ Und: Der Fußball könne nicht alles leisten, „also die Beweglichkeit von Kindern fördern, die Integration von Migranten, die Sozialkompetenz von Jugendlichen – und auch noch die Umwelt retten“.Bei einem Verein wie Tusa 06 mit seinen vielen Jugend- und Mädchenteams reiche der eine Kunstrasenplatz hinten und vorne nicht, wenn der „echte“ Rasen wieder mal gesperrt sei. „Dann trainieren vier Teams auf einem Platz, das ist Bewegungstherapie“, sagt Wiedon.
Scheffler will das so nicht stehen lassen: „Moderner Rasen ist viel strapazierfähiger, etwa der Hybridrasen – wenn er richtig gepflegt wird. „An der Pflege aber hapert es in Düsseldorf, bei Natur- und Kunstrasenplätzen.“