Unglückszug wird mit zwei Riesen-Kränen geborgen
Das große Aufräumen in Eller geht weiter. Derweil üben Politiker und Experten Kritik an den unsicheren Halbschranken.
Düsseldorf. David und Goliath haben die 87 Tonnen schwere Lok am Haken. So heißen die gewaltigen Schienenkräne, die am Freitag die verunglückte Bahn in Eller aus der Kleingarten-Laube heben und auf die Schiene setzen, damit sie abgeschleppt werden kann. Mehrere Stunden dauert es, bis das Wrack geborgen ist. Derweil schleppen Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks unermüdlich riesige Schrott-Teile aus dem Gebüsch an der Bahntrasse.
Das Schauspiel sieht sich Rafael Lassak am Freitag nicht mehr an. Er schläft. Dazu ist er seit Mittwochabend kaum gekommen. Er saß in dem Unglücksbus, der auf den Schienen den Geist aufgab. Er sah die Lichter des ersten Zuges aus der Ferne kommen. Mit zwei anderen Fahrgästen und dem Busfahrer bringt er sich in Sicherheit, rennt rückwärts weg, als der Güterzug auf den stehenden Bus zufährt. „Es war ein Riesenknall — und plötzlich war der ganze Bus weg. Wie im Kino“, berichtet der 54-Jährige. Dann kommt der zweite Zug um die Kurve, den Lassak und die anderen nicht kommen sehen konnten. Seither geht es ihm immer wieder durch den Kopf: „Was, wenn der zuerst gekommen wäre . . .?“
Aber es geht ihm gut, sagt Rafael Lassak selbst. Für den 51-jährigen Busfahrer gilt das nicht. Er fährt vorerst keinen Bus, wird psychologisch betreut. Laut Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher war der erfahrene Mitarbeiter zunächst überzeugt, die beiden Lokführer müssten tot sein — das setze ihm massiv zu.
Und dann ist da ja die immer noch ungeklärte Frage nach der Ursache. Der Bus wird von unabhängigen Gutachtern untersucht. Doch bei der Bahn findet man bereits deutliche Worte: „Die Unfallursache liegt beim Verkehrsteilnehmer“, sagt Sprecher Dirk Pohlmann.
Damit macht man es sich bei dem Konzern sehr einfach, glaubt Verkehrssicherheitsingenieur Franz Schilberg. Denn der Unfall hätte vermieden werden können, stünden an diesem Übergang Vollschranken mit Radarüberwachung. In diesem Fall hätte das System erkannt, dass der Überweg nicht frei ist, die Lokführer hätten keine Freigabe für die Durchfahrt bekommen. Das Problem laut Schilberg: Diese Schranken seien teurer und kosteten wertvolle Zeit. Doch der Experte warnt: „Das hätten auch 30 Tote sein können. Und so ein Unfall kann morgen wieder in Düsseldorf passieren.“ Deshalb schaltet sich jetzt die Politik ein — Landtagspolitiker kritisieren die Halbschranken ohne Überwachung, Ratsherr Christian Rütz will klären, wie die Anwohner der Bahnstrecke im Fall von Unfällen mit Gefahrguttransportern geschützt werden.
Die Bahn plant einstweilen, den Übergang wieder aufzubauen, wie er war. Mit Halbschranken.
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