Düsseldorf Vera Geisel ist jetzt ganz „First Lady“

Sie ist die Frau an der Seite des OB. Schicker ist sie geworden — ihr Leben deutlich stressiger.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Sie räuspert sich oft, ihr Blick schweift durch den Raum und über den Tisch. Wenn ihr ein Wort nicht gleich einfällt, kommt sie kurz aus dem Konzept. Aber sie lacht viel. Bei der Pressekonferenz zu einem Kinderprojekt, das sie als Schirmherrin unterstützt, wirkt Vera Geisel gelöst und gut gelaunt. Die 44-Jährige ist mit Sicherheit keine geborene Rampensau. Aber nach einem guten Jahr als Frau an der Seite des Stadtoberhauptes ist sie angekommen in ihrer Rolle als „First Lady“.

Dabei war das erste Jahr noch ein ruhiges. „Man hat es gar nicht so gemerkt. Die meisten kannten mich noch nicht — das wird jetzt spürbar mehr“, sagt Vera Geisel. Getuschel gebe es aber nicht. „Die Leute grüßen nur freundlich.“

Sie stand von Anfang an entschlossen neben ihrem Mann, als er Spitzenkandidat wurde. Zeigte sich in mannigfaltiger Kostümierung mit ihm in den Sälen der Narren. Wahlkampf auf Rheinisch. Obwohl die Essenerin nicht gerade eine jecke Kinderstube hatte. Auch keine sehr politische. Ein bisschen Verbiegung muss dann doch sein.

Und nicht nur innerlich. Vor allem weiblichen Beobachtern in Düsseldorf ist aufgefallen, dass Vera Geisel sich extrem gut kleidet, seit ihr Mann in Amt und Würden ist. Noch in der heißen Phase des Wahlkampfes lichtete eine Zeitung in ihrer alten Heimat sie in biederem Blüschen mit Strickjacke ab. Momentaufnahme zum Vergleich: Bei einer Begegnung jetzt, ein Jahr später, ist die „First Lady“ gewandet in einen helltürkisen Pulli der Düsseldorfer Designerin Dorothee Schumacher und einen dunklen Kunstpelz. Sie trägt Make-up, Lippenstift — aber alles sehr zurückhaltend.

Dass sie sich ums Äußere mehr Gedanken macht, gibt Vera Geisel unumwunden zu. „Ich möchte gern Sachen anziehen, die auch in Düsseldorf gemacht werden.“ Designer beraten sie. „Aber ich zahle alles — deshalb habe ich auch oft dasselbe an.“ Oder sie gibt die Mode nach einem Event zurück. „Thomas Rath hat mir mal was geliehen — Norman Icking auch.“ Von ihm trug sie mal ein goldenes Latexkleid. „Mode finde ich sehr wichtig“, sagt Vera Geisel. „Düsseldorf ist nun einmal Modestadt.“

Aber sie stellt auch klar, dass sie mehr sein möchte, als „die Frau von“, das schick in die Kameras lächelnde Püppchen. „Ich kann jetzt viel selber in die Hand nehmen“, sagt sie. „Ich möchte gern den Anstoß geben bei guten Projekten, ein Licht darauf werfen.“ Sie unterstützt mit ihrem Namen und ihrer Zeit das Kinderhospiz Regenbogenland, den Verein Werkstatt Lebenshunger, der insbesondere gegen Ess-Störungen bei Kindern und Jugendlichen kämpft. „Es sind schon oft Kinderthemen“, sagt Geisel und lächelt schulterzuckend. „Das liegt ja nahe.“

Vier gemeinsame Kinder haben sie und ihr OB. Während die Mutter sich im Rampenlicht zusehends eingerichtet hat, haben die Töchter allerdings so gar keine Lust mehr darauf — nachdem sie im Wahlkampf seinerzeit Großflächenplakate schmückten: Drei weigern sich komplett, auf Zeitungsfotos oder sonstwie öffentlich gezeigt zu werden, die vierte Schwester lässt es immerhin hin und wieder — je nach Befindlichkeit — zu. Vera Geisel tut nicht so, als hätte der neue Job ihres Mannes nur Harmonie in die Familie gebracht: „Man hat weniger von ihm. Alle. Das gab auch Ärger.“

Zuerst lautete die Absprache, man wolle als Familie immer einen freien Sonntagmorgen zusammen — das klappte gar nicht. Dann sollte es wenigstens irgendein halber Tag am Wochenende sein — auch das läuft nicht immer. Gemeinsame Stunden müssen erkämpft werden.

Neulich habe Thomas Geisel es innerhalb eines Wochenendes geschafft, dass Tochter Teresa ihr Seepferdchen machte und Radfahren lernte, berichtet seine Frau. Und sie fährt jeden Samstagmorgen mit allen vieren zum Reiten — inklusive anschließender Autowäsche, weil sie alle allergisch auf Pferde sind. „Wir machen mal eine Ausnahme, aber eigentlich ist das ein fester Termin.“

Ab dem Donnerstagabend und dann übers Wochenende ist Vera Geisels neues Leben dicht mit Dabeisein. Bei all den Anlässen, die ein Oberbürgermeister so zu besuchen hat. Daneben vier Töchter und ein Vollzeitjob als Personalerin bei Thyssen-Krupp in Essen. Ohne First-Lady-Bonus. „Ich werde bezahlt für meine Arbeit und muss sie machen“, stellt die 44-Jährige klar.

„Manchmal arbeite ich abends und nachts nach.“ Dafür quetsche ihr Mann die Tagtermine in Düsseldorf rein — Elternsprechtage, Schul-Weihnachtsfeiern. Trotzdem sagt Vera Geisel: „Im Moment ist dies das Leben, das wir gerne führen möchten.“ Und ja, auch über den nächsten Wahltermin hinaus, stellt sie mit einem durchaus verschmitzten Lächeln fest: „Wenn man einmal Blut leckt ...“