Düsseldorf Verkehr: Immer mehr Unfälle mit Senioren
Fünf von sieben Verkehrstoten in diesem Jahr waren über 65. Die Polizei erreicht die Zielgruppe für Prävention kaum.
Düsseldorf. Ein Freitag im Juni, Gerresheim, Bertastraße. Ein 92 Jahre alter Mann steigt aus einem Bus, geht dann über die Straße — und läuft direkt vor ein Auto. Der Senior stirbt wenig später in der Klinik an seinen schweren Verletzungen. Der tragische Fall steht in der Polizeistatistik für dieses Jahr leider nicht allein. Bisher starben sieben Menschen im Düsseldorfer Verkehr, fünf von ihnen über 65 Jahre alt. Generell nehmen die Unfälle mit Senioren ständig zu — und die Sicherheitskräfte wissen nicht wirklich, was sie dagegen tun können.
An insgesamt 1157 Unfällen waren Senioren im Jahr 2015 beteiligt. Das war ein Plus von acht Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der drei vorhergehenden Jahre. Ein Trend, der sich auch in diesem Jahr fortsetzt: Bis August gab es noch einmal 30 Unfälle mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Auffällig ist, dass die Senioren als „schwache“ Verkehrsteilnehmer eher gefährdet, hinterm Steuer aber oft selbst die Gefährder sind. Bei 130 Radfahrunfällen im vergangenen Jahr etwa waren die beteiligten Senioren nur in 46 Fällen Verursacher, bei 90 Fußgängerunfällen in 26 Fällen. Auf der anderen Seite waren die über 65-Jährigen bei 705 von 930 Zusammenstößen, an denen sie als Autofahrer beteiligt waren, schuld.
„Die Senioren machen mir in der Tat ein bisschen Sorgen“, bestätigt Frank Kubicki, seit diesem Jahr Leiter der Polizeidirektion Verkehr. Auch weil gesellschaftliche Trends die negative Entwicklung künftig weiter anheizen könnten: Immer mehr Menschen werden immer älter, gleichzeitig gehört Mobilität für uns alle zum Leben dazu — und mit Pedelecs und E-Bikes kommen auch für die körperlich Schwächeren neue Fortbewegungsmittel dazu.
Gegen diese Trends zu arbeiten, fällt Kubicki und seinen Mitarbeitern schwer. Denn mit Repression kann die Polizei bei den Senioren wenig ausrichten — sie fahren in der Regel nicht zu schnell, sind angeschnallt, nicht betrunken. Zwei der fünf älteren Verkehrstoten in diesem Jahr waren als Autofahrer unterwegs — laut Kubicki bauten sie ihre schweren Crashs, nachdem sie „internistische Notfälle“, also etwa einen Infarkt, erlitten hatten.
Die Düsseldorfer Polizei setzt daher auf Prävention, Hauptkommissar Joachim Tabath bietet in der ganzen Stadt Verkehrssicherheitstrainings für Senioren an. „Wir machen viel“, erklärt Kubicki. „Aber die Lernkurve ist eine negative. Senioren erreichen wir deutlich schlechter als etwa Schulkinder.“ Weil die Älteren sich nicht bevormunden lassen wollen, weil sie vielleicht auch gar kein Problem sehen und die Angebote einfach nicht nutzen. „Wir tüfteln noch daran, wie wir an diese Zielgruppe herankommen“, sagt Kubicki. „Wir geben nicht auf.“