Gut Gemacht Lias fliegt ans Meer
Düsseldorf · Nur dank des Düsseldorfer Pilotennetzwerks Flying Hope kann der schwerkranke Elfjährige einen Kuraufenthalt genießen. Der Flug ist kostenlos, eine Zahnärztin aus Oberkassel kommt für Sprit und Administration auf.
Lias setzt die Beatmungsmaske in dem Propellerflugzeug auf. Der Elfjährige freut sich auf das Meer und auf die Kinder, die er im Kinderhospiz in den nächsten zwei Wochen kennenlernen wird. Seit seinem dritten Lebensjahr leidet der Junge an einer seltenen Krankheit, dem so genannten Zentralen Hypoventilationssyndrom, bei dem das Gehirn quasi das Atmen verlernt. Dies lässt seine Eltern Christina Müller-Görg und Marco Müller seitdem keine Nacht mehr wirklich durchschlafen.
Lias, der als Frühchen auf die Welt kam, erkrankte nach einer autoimmunen Hirnhautentzündung an der seltenen Krankheit, erzählt die Mutter. Seitdem braucht Lias nachts eine Druckunterstützung beim Atmen. Einen Herzschrittmacher hat ihr Sohn auch bereits. „Wir haben die Alarmsysteme so eingestellt, dass Lias gut durchschläft. Aber wir müssen jede Nacht drei bis fünf Mal aufstehen, weil die Geräte Alarm schlagen“, berichtet Christina Müller-Görg. Die Erkrankung ihres Sohnes ist so selten, dass die Mediziner selber im Nebel stochern und die Familie sich an jeden Strohhalm klammert. Zur Lebenserwartung vermag niemand eine konkrete Aussage zu machen. „Das kann manchmal ganz schnell gehen“, weiß die Mutter. Aktuell bekommt Lias Antikörper, auf die der Junge jedoch mit starken Nebenwirkungen reagiert.
Gäbe es das Düsseldorfer Pilotennetzwerk Flying Hope nicht, das schwerkranke Kinder kostenlos zu medizinischen Behandlungen oder Kuraufenthalten fliegt, wüsste die vierköpfige Familie, zu der noch Bruder Ian-Niklas (13) gehört, nicht, wie sie von Speyer nach Wilhelmshaven gelangen könnte.
„Im Auto im Stau mit einem beatmeten Kind zu stehen und das mit einem Akku, der nur etwas mehr als eine Stunde hält, das ist schwierig umzusetzen. Der leistungsfähigere Akku wird leider nicht von der Krankenkasse übernommen,“ berichten die Eltern.
Als Lias erfuhr, dass die Spritkosten für seinen Flug von einer Düsseldorfer Zahnarztpraxis übernommen worden waren, setzte er sich hin und schrieb einen kleinen Dankesbrief an die Düsseldorfer Zahnärztin Beate Jürgens: „Dankeschön für die große Spende für unseren Flug ins Kinderhospiz in Wilhelmshaven. Ich freue mich auf das Meer und auf neue Kinder und Abenteuer.“
Ein ehemaliger Notarzt stellt
sein Flugzeug zur Verfügung
Den Flug von Speyer gen Norden führte der Pilot Michael Offermann durch. Offermann war jahrelang als Notarzt in der Flugrettung tätig und stellt seit acht Jahren seine Flugzeit und sein Flugzeug dem Düsseldorfer Verein Flying Hope zur Verfügung. Der Mediziner freut sich, dass auch die nächsten Krankentransporte von der Zahnarztpraxis Dr. Beate Jürgens & Partner übernommen werden können. 6000 Euro hatte die Oberkasseler Familienzahnarztpraxis bei ihrer Tombola-Aktion auf dem Luegalleefest im August zusammen mit der Kinderhilfsorganisation It´s for Kids in diesem Jahr gesammelt. Davon gingen 3000 Euro an den Verein Sterntaler Düsseldorf und 3000 Euro an das Pilotennetzwerk.
Dass Lias nun in den nächsten zwei Wochen nachts von einem Pflegedienst bewacht wird und die übrige Familie auch einmal Zeit für sich hat, darüber ist insbesondere Christina Müller-Görg sehr froh. Denn die Pädagogin ist ebenfalls krank und muss wegen ihres Morbus Addison lebenslang Hormonpräparate einnehmen. Anfang des Jahres hatte sie es noch einmal schwer erwischt. Da war die Chemotherapie von Lias, der in seinem Leben 1000 Tage stationär im Krankenhaus verbringen musste, noch gar nicht so lange her.
Flying Hope vermittelt als gemeinnütziger Verein kostenlose Flüge für Kinder, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind und selbst nicht die notwendigen finanziellen Mittel haben. Das sind zwar keine Notfall-Flüge, grundsätzlich unterstützt werden aber schwer kranke Kinder und ihre Familien, indem etwa Flüge zu medizinischen Behandlungen oder Kuraufenthalten vermittelt werden, die weit von ihrem Wohnort entfernt sind.
„Sich an Flying Hope wenden zu können, ist ein Segen für viele Familien mit schwerst- und mehrfachbehinderten Kindern, und wir hoffen, dass noch mehr Menschen spenden“, so die Mutter von Lias, die sich nun auf die Ausflüge mit ihrem Mann und ihren beiden Jungen am Strand freut.