Welchen Schaden OB Geisel durch die Kündigung der Stadtsprecherin nimmt
In knapp zwei Jahren wird der nächste Oberbürgermeister in Düsseldorf gewählt. OB Geisel muss derzeit an vielen Fronten kämpfen.
Düsseldorf. Die Düsseldorfer CDU und Real Madrid haben etwas gemeinsam. Der spanische Fußball-Klub hatte im Champions-League-Finale am Samstag noch gar nicht recht sein Konzept für einen Sieg offenbart, da führte sich der FC Liverpool (schönen Parallele: „die Reds“) mit zwei groben Fehlern selbst der Niederlage entgegen. In der Landeshauptstadt ist es aktuell so, dass die CDU noch keinen Kandidaten und kein Programm hat, um 2020 das Rathaus zurückzuerobern, während es beim Amtsinhaber denkbar schlecht läuft. Zuletzt hat die Leiterin des Amts für Kommunikation, Kerstin Jäckel-Engstfeld, öffentlichkeitswirksam gekündigt. Bei der Frage, was das für die OB-Wahl bedeutet, kommt es entscheidend darauf an, politisch-gesellschaftliche Kreise und die Düsseldorfer Bürger zu unterscheiden.
Politische und gesellschaftliche Kreise Nimmt man diejenigen zum Maßstab, die in dieser Stadt Meinungen laut vertreten (können), steht es schlecht für Thomas Geisel. Wenn er in den Stadtrat blickt, findet er wenig Gesichter, die er zu seinen Unterstützern zählt. In der SPD hält die Treue noch, die Partner aus der Ampel-Kooperation aber sind schon nicht mehr an seiner Seite. Bei den Grünen ist mindestens halblaut immer wieder das Wort „Enttäuschung“ zu hören. FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus hat öffentlich erklärt, Geisel habe sich Düsseldorf anders vorgestellt und die Düsseldorfer hätten andere Erwartungen mit Geisel verknüpft.
Ähnlich sieht es in Teilen der Wirtschaft aus. Vertreter von Messe, Stadtsparkasse und IHK äußern sich nach ihren Konflikten mit dem OB in unterschiedlichen Lautstärken wenig erbaulich über den Verwaltungschef. Das zieht angesichts der Netzwerke der Protagonisten Kreise. Hinzu kommt, dass sich Geisel zum Beispiel auch noch offenkundig nicht mit Schützenchef Lothar Inden versteht und in der Kultur eine Reihe von Leuten verprellt hat. Die Kündigung von Kerstin Jäckel-Engstfeld, die als freundliche, sehr präsente und leidenschaftliche Düsseldorferin wahrgenommen wird, verstärkt diesen Eindruck in den beschriebenen Kreisen noch.
Geisels Verhältnis zu Karnevalisten, Düsseldorfer Jonges und der Sportszene ist neutral bis gut, aber auch nicht so, dass die Beteiligten nicht im Zweifel problemlos mit einem anderen Amtsinhaber zusammenarbeiten.
Die Bürger Die gerade getroffenen Feststellungen betreffen zunächst einmal einen kleinen Teil der Stadt. Und auch die Leiterin des Amts für Kommunikation ist einem großen Teil der Düsseldorfer kein Begriff. Dieser große Teil gewinnt zwei Eindrücke vom Oberbürgermeister. In den Medien lesen und hören sie immer mal wieder von einem Verwaltungschef, bei dem es nicht rund läuft. Von Tour bis Ed Sheeran wird über große Projekte immer auch problembehaftet berichtet.
Da ist in der Wahrnehmung aber auch der Mann, der mit Frau und Töchtern ganz normal in Düsseldorf lebt. Der mit seinen OB-Dialogen in die Stadtteile kommt und — abhängig von seiner Tagesform - den Menschen zuhört und ihre Probleme aufgreift. Da ist der Thomas Geisel, der ein enormes Pensum an Terminen in Vereinen und Institutionen schafft, Grußworte schreibt und spricht. Und da ist der Oberbürgermeister, der 2020 vorzeigen kann, was sich in seiner Amtszeit in den Schulen alles zum Guten verändert, dass er urbane Themen wie besseren Nah- und Radverkehr vorangebracht hat oder welche sportlichen Großereignisse es mit ihm gibt und gegebenenfalls mit der Fußball-EM geben wird.
Fazit Vergleicht man die Situation Thomas Geisels mit der seines Vorgängers Dirk Elbers, stellt man einen wichtigen Unterschied fest. In den politischen und gesellschaftlichen Kreisen hatte Elbers einen guten Stand, zur breiten Bevölkerung aber wuchs und wuchs der Abstand und damit die Wechsel-Stimmung. Die kann Thomas Geisel noch verhindern. Dafür braucht er schnell wahrnehmbare und wahrgenommene Erfolge sowie ein Zukunftsprojekt, das mit ihm verbunden ist. Oder um noch einmal die Parallele zum Champions-League-Finale zu ziehen: Real Madrid hat nicht ausschließlich dank der Fehler des FC Liverpool gewonnen, sondern auch weil Gareth Bale eingewechselt wurde. Es kommt also jetzt darauf an, wen die CDU für die OB-Wahl ins Spiel bringt.