Portrait Wie der Kibbeling nach Düsseldorf kam
Düsseldorf · Der Holländer Roy Geeraets ist mit seinem Stand seit der ersten Stunde auf dem Fischmarkt. Der macht jetzt bis zum April erstmal Winterpause.
Jedes Jahr überlegt Roy Geeraets, ob er wieder auf den Fischmarkt in Düsseldorf kommt. Aber er kann es einfach nicht lassen. Die Arbeit hier in der Stadt macht dem Händler einfach zu viel Freude, er mag die Menschen. Und er hängt auch an der Veranstaltung, er ist der Mann der ersten Stunde, war vor 20 Jahren beim ersten Markt in der Stadt dabei. Acht Mal im Jahr an einem Sonntag werden die Buden am Rheinufer aufgebaut, neben Fisch preisen die Anbieter Fleisch, Käse, Obst, ungarische Spezialitäten und mehr an. Und mittendrin Geeraets mit seinen drei Ständen. Am Sonntag ging die Fischmarkt-Saison zu Ende.
In Düsseldorf geht auch teure Ware sehr gut weg
Am besten verkauft sich Kibbeling – in Teig ausgebackenes Filet, serviert mit Remoulade. „Das ist Fisch, schmeckt aber nicht so intensiv danach, dann kommt noch der Teig dazu. Es kommt den meisten nicht so ungesund vor und das mögen viele — vor allem auch Kinder“, sagt Geeraets amüsiert. Heute kaum noch vorstellbar, hat er das Gericht einst in der Stadt eingeführt, wie er erzählt. Kibbeling, damit habe vor 20 Jahren noch keiner etwas anfangen können. Heute verkaufe sich der Imbiss überall am besten.
Sehr gerne reicht er allerdings exklusivere Ware über die Ladentheke, und das funktioniere gerade in Düsseldorf. Er freut sich, wenn Kunden Wert auf Qualität legen, sich etwas gönnen. Austern beispielsweise gehen nirgendwo so gut wie hier, sagt er. In anderen Städten würden die Leute sie nicht mal geschenkt nehmen.
Früher war Geeraets auf
vielen Wochenmärkten unterwegs
Daher bleibt er dem Fischmarkt treu, auch wenn er auf den Verdienst nicht angewiesen ist und sich sonntags nochmal aufmachen muss. Sein Hauptgeschäft betreibt der Holländer mittlerweile fast nur noch in seiner Heimat, in Venlo. Früher war er viel unterwegs, unter anderem auf Wochenmärkten im Ruhrgebiet. Da hieß es schon um sechs Uhr früh die ersten Portionen Fisch reichen. Dafür erntete er zunächst viel Kopfschütteln von Kollegen — über die seltsamen Deutschen, die Matjes zum Frühstück essen. Doch seine Kunden waren Kumpel, die nach einer Nachtschicht etwas Deftiges wollten. „Das war doch kein Frühstück, das war eher ein Abendessen“, sagt er lachend. Diese Zeiten sind nun Geschichte, Wochenmärkte rechnen sich für ihn nicht mehr.
Früher kamen Hausfrauen und Mütter, kauften für eine große Familie ein, um ausgiebig zu kochen. So lief das über Jahrzehnte, Geeraets erinnert sich gut. Er ist 57, Fisch begleitet ihn sein Leben lang – er verkauft ihn bereits in der fünften Generation. Die Arbeitswelt, das Leben habe sich in den letzten 20 Jahren stark gewandelt, die Zeit fehle, die meisten erledigen ihren Großeinkauf schnell im Supermarkt. Viele wissen nicht mehr, wie man bestimmte Arten zubereitet – oder es sei ihnen zu aufwendig, sagt Geeraets. Und gerade sonntags, egal ob in Düsseldorf oder in anderen Städten, ginge es dann nicht ums Einkaufen, sondern ums Genießen direkt vor Ort. Kibbeling, Matjesbrötchen, Austern, geräucherter Aal – die Familie Geeraets hat ihr Angebot darauf abgestimmt. Und solange das Wetter einigermaßen mitmacht, sei auch immer was los.
Der Sohn will das Geschäfte
später einmal übernehmen
Dabei spielt die gute Laune eine entscheidende Rolle. Dem Händler fällt das nicht schwer, die Liebe zum Beruf steckt in den Genen. Auch privat isst er gerne Fisch, etwa dreimal pro Woche. Dann aber am liebsten einfach – Kabeljau mit Möhren-Kartoffel-Stampf zum Beispiel. Seine Familie muss mitziehen, doch das fällt nicht schwer. Sohn Nico kann sich ohnehin nichts anderes vorstellen, als selbst Fisch zu verkaufen, er arbeitet sich gerade ein. Und er hat sich auch mit der Begeisterung für Düsseldorf anstecken lassen: Der Fischmarkt hier, der muss einfach sein.
Mit dem November-Termin endet die Fischmarkt-Saison. Am 5. April 2020 geht es am Tonhallenufer weiter. Natürlich mit Roy Geeraets.