Umstrittenes Plakat Sexismus-Debatte: CDU-Politiker wird mit Hass-Mails bombardiert
Düsseldorf · Insbesondere rechte Kreise bis hin zur AfD schlachten die Sexismus-Diskussion um das Leichtathleitk-Plakat mit der US-Sportlerin Sandi Morris in Düsseldorf aus.
Die „Sexismus-Debatte“ um das Werbeplakat für das internationale Leichtathletik-Sportfest im Februar in Düsseldorf ist aus dem Ruder gelaufen. Wurde zunächst – so in dieser Zeitung – sachlich diskutiert, ob das Bild der von hinten im knappen Dress abgebildeten US-Stabhochspringerin Sandi Morris samt dem Spruch „Finale oho“ anzüglich ist oder nicht, wird die Sache nunmehr politisch vom rechten Spektrum instrumentalisiert. Und zugleich wird CDU-Ratsherr Stefan Wiedon, der die Debatte begonnen hatte, wüst beschimpft: „Ich kann wirklich viel einstecken, aber was jetzt passiert, geht zu weit.“
Der Sportpolitiker und Fußball-Trainer (früher u.a. beim BV 04 und DSC 99) sagt, er werde mit Hass-Mails und „unfassbar dummen Kommentaren“ bombardiert: „Aus der ganzen Republik kriege ich zum Beispiel Empfehlungen, doch nach Afghanistan auszuwandern oder in den Sudan, ich gehöre in den Gulag und solle im Kartoffelsack rumlaufen.“ Unter den längst nicht immer anonymen Absendern befänden sich auch „Reichsbürger“.
Tatsächlich wird die Geschichte online ganz besonders in rechten Gruppen geteilt und gepusht. Motto: Jetzt drehen die politisch Korrekten völlig durch, nun sind auch CDU-Politiker schon so drauf, man soll wohl nur noch verhüllt rumlaufen, „Was ist nur aus Deutschland geworden?“, fragt eine Frau in ihrer Mail an Wiedon. Kurzum: In diesen Kreisen droht mal wieder die Islamisierung des Abendlandes und die Sportstadt Düsseldorf geht ihr mit vorauseilendem Gehorsam entgegen.
Hervor tut sich da nicht zuletzt die AfD, die auf ihrer Bundesseite losledert: „Abstruse, neurotische Sexismus-Debatte“, heißt es da, und: „Jetzt müssen schon Sport-Werbeplakate abgehängt werden.“ Gezeigt wird dann ein völlig anderes Foto einer Athletin, auf dem nur ein muskulöser Rücken zu sehen ist, dazu die Frage: „Hätten Sie sich an diesem Plakat gestoßen?“
Dass rechte Kreise Andersdenkende in sozialen Netzwerken auf breiter Front verunglimpfen, kommt nicht selten vor. In Düsseldorf berichtete zum Beispiel die frühere Flüchtlingsbeauftragte und jetzige Leiterin des Amtes für Migration und Integration, Miriam Koch, wie sie immer wieder beschimpft und sogar bedroht worden sei, weil sie sich für eine gute Unterbringung der Flüchtlinge einsetzte. Und im Sommer brach über OB Thomas Geisel der digitale Shitstorm los, nachdem er zusammen mit der Kölner Oberbürgermeisterin und dem Bonner OB Bundeskanzlerin Merkel angeboten hatte, freiwillig zusätzliche Flüchtlinge in der Stadt aufzunehmen.
Zurück zum Werbeplakat: Man kann es selbstverständlich als unproblematisch und nicht-sexistisch ansehen; ebenso selbstverständlich kann man es unangemessen und mindestens leicht anzüglich finden. „ Ich selbst habe das Wort Sexismus übrigens nie benutzt, ich habe nur darauf hingewiesen, dass da mit Zweideutigkeiten und Anzüglichkeiten gespielt wird, was man einfach auch mal hätte lassen können“, sagt Wiedon.
Nun, inzwischen sind die Morris-Plakate alle ausgetauscht, jetzt wirbt nur noch ein männlicher Kugelstoßer für das Meeting in der Leichtathletikhalle. In einem Punkt hat Wiedon seine Meinung geändert: „Heute finde ich, man hätte ein paar wenige Plakate hängen lassen sollen, damit sich jeder seine Meinung bilden kann.“