Winfried Ketzer, Büttenredner: „Meine Witze sind Geschichten aus dem Leben“
Winfried Ketzer, einer der letzten Büttenredner, wird am Donnerstag 65 Jahre alt. Ein Gespräch übers Narrentum.
Düsseldorf. Winfried Ketzer kommt aus einer Karnevalsfamilie. Sein Vater Franz Ketzer war CC-Präsident, Hoppeditz, Karnevalsprinz und Büttenredner. Der Sohn leitet die Mostertpöttches, die Gilde aller aktiven Karnevalisten. Er ist Sitzungspräsident der Düsseldorfer Jonges und gefragt als „Hausmann von nebenan“. Der Karneval wurde ihm in die Wiege gelegt.
Herr Ketzer, wie wird man Karnevalist?
Ketzer: Ich hatte meinen Vater als Vorbild. Ich war mit zehn Jahren in der Kinderbürgerwehr und mit 14 in der Bütt, mit der alten Rede meines Vaters vom müden, kleinen Kerl, dem Mödküttel.
Was haben Sie vom Vater gelernt?
Ketzer: Vor allem das Organisationstalent. Ich war ja nicht nur Büttenredner, sondern 22 Jahre lang Vereinschef und Präsident der Bürgerwehr. Ich bin noch heute Sitzungsleiter der Düsseldorfer Jonges und Baas der Mostertpöttches, also aller Düsseldorfer Karnevalsakteure, Redner, Sänger und Parodisten. Diese Herde muss man unter einen Hut bringen.
Wie funktioniert rheinischer Humor?
Ketzer: Der Rheinländer lebt nach dem Motto: Es kütt wie es kütt. Er versucht, allem etwas Lustiges abzugewinnen. Er lacht viel schneller als der Westfale, und zwar über Dinge, die er im Alltag erlebt. Die Büttenrede kommt ja aus dem Alltag. Die Düsseldorfer wollen nicht über den Politiker, sondern den Menschen lachen. Der Berliner liebt den politischen Humor, der Hamburger das Kabarett, der Rheinländer mehr den Blödsinn.
Sie sind seit 1999 der „Hausmeister von nebenan“. Wie kamen Sie zu dieser Type?
Ketzer: Der Hausmeister ist immer dabei. Und nebenan ist überall, neben dem Trinker, der leichtlebigen Frau oder den plärrenden Kindern. Meine Witze sind Geschichten aus dem Leben. Ich trage dazu eine karierte Weste und eine Schlägerkappe. Mehr nicht.
Wo ist das Publikum am schwersten zu erreichen?
Ketzer: In Sälen mit über 500 Personen, bei den großen Garden, der Fernsehsitzung, der Prinzensitzung, wo sich die High Society amüsiert. Da muss ich aufpassen, dass ich niemanden beleidige.
Hat sich das Publikum geändert?
Ketzer: Ja, sehr. Die Leute wollen nicht mehr so lange zuhören. Die Büttenredner sollten im ersten Drittel der Sitzung von der Bühne sein. Dann wollen die Leute die Tanzgarde und Bands. Je jünger das Publikum, desto größer ist der Hang zum Party-Karneval. Das Publikum will mitsingen, nicht unbedingt schunkeln, aber selber feiern.
Ihre Tochter Jenny war sieben Jahre in der Bütt. Ihre Enkeltochter Linda ist in der Kindertanzgarde der Bürgerwehr. Wie ist es denn sonst mit dem Nachwuchs?
Ketzer: Wir haben „Pänz in de Bütt“, da kristallisiert sich der junge Johann Lensing als Talent heraus. Es gibt ein paar Mädchen, die Parodien machen. Aber mit dem Nachwuchs sieht es nicht so rosig aus.
Woran hapert es?
Ketzer: Mancher Karnevalist in einer Generalsuniform meint, er sei ein General. Karneval ist Persiflage. Als ich Schüler an der Schule Aachener Straße war, sagte der Direktor zu meiner Mutter: ’Sie werden mit Ihrem Sohn große Probleme haben, der nimmt das Leben nicht ernst.’ Heute frag ich mich: Wie kann man diese Idioten ernst nehmen?
Was nehmen Sie denn ernst?
Ketzer: Ich kann keine Namen und keine Telefonnummern behalten, aber Büttenreden und Gags.