Amateure Krefelds Fußballer kehren zurück
Stadtteile. · Wie sehr man eine Sache liebt, spürt man oft erst dann, wenn es sie irgendwann plötzlich nicht mehr gibt. So ergeht es vielen Menschen in der Corona-Krise, die sich im Verzicht üben müssen. Und so erging es auch den Amateurfußballern, die seit Anfang März ihrem Hobby nicht mehr nachgehen durften.
„Meine Jungs sind heiß auf Wettkampf“, sagt Frank Krüll, Trainer des Linner SV, als er im Meerbuscher Stadtteil Osterath aus seinem Auto steigt. Gleich steht für seine Mannschaft das erste Spiel seit viereinhalb Monaten an. Es ist nur ein Testspiel gegen den OSV Meerbusch, mehr nicht. Aber dennoch nehmen die Fußballer diese kleine Gelegenheit schon gerne an. Einmal pro Woche hat Krüll mit seinem Team zuletzt trainiert. Vor über einem Monat war die Mannschaft wieder zusammengekommen. Da galten im Fußball noch strenge Vorschriften. Abstände und Fußball – das ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Passspiel, Flanken – alle Übungen ohne Kontakt zueinander. „Es hat anfangs keinen Spaß gemacht“, erinnert sich Krüll. Damit aber mussten die Teams leben. Heute sind die Vorgaben schon entschärft. In der nächsten Woche soll die reguläre Vorbereitung in Linn beginnen. „Wir sind im Aufbruch. Wir wollen etwas erreichen“, sagt der Trainer. In der Kreisliga B will man um den Aufstieg mitspielen.
Der Linner Marcel Schoppmann läuft sich am Spielfeldrand warm. „Jedem Fußballer fehlt der Sport“, sagt er über die vergangenen Monate. Selbst nicht spielen und auch im Fernsehen kein Fußball schauen zu können, das sei „keine schöne Zeit“ gewesen. Es fehle eben etwas. „Jeder Mensch hat einen Ausgleich im Leben“, sagt Schoppmann. Er hat seinen nun wieder zurück. Das kann Jonas Theisen vom OSV Meerbusch nur unterstreichen. Eine Vorfreude hat er gespürt, dass es endlich wieder losgeht mit diesen Duellen auf dem Rasen. Der Sport, die Bewegung. Das war alles nicht mehr da.
Vermisst aber hat er auch ganz andere Dinge rund um den Mannschaftssport: „Die sozialen Kontakte mit der Mannschaft waren nicht mehr so da wie vorher.“ Zweimal pro Woche treffen sich die Osterather schon wieder zur gemeinsamen Übungsstunde. Der OSV war ein Frühstarter in der Region. Seit Anfang Juni ist man wieder am Ball. Der Vergleich mit Linn war schon der vierte Test für das Team des neuen Trainers Ingmar Putz. Doch der Ligabetrieb ist schon lange nicht mehr gegeben. „Da fehlt einfach etwas, wenn man am Sonntag auf der Couch sitzt“, sagt Theisen.
Der Schiedsrichter ist
schon seit 39 Jahren dabei
Hans-Josef „Jupp“ Jüngermann ist schon seit 39 Jahren als Schiedsrichter dabei. Doch so eine lange Zwangspause hat er als Unparteiischer nur einmal erlebt: als er sich einen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Seit Mai geht er wieder regelmäßig laufen. Dazu macht er Fitnessübungen. „Ein komisches Gefühl“ beschleiche ihn ein wenig ob der ganzen Veränderungen, gesteht er vor dem Testspiel in Osterath, das er erstmals seit Februar leiten wird. Jüngermann gehört streng genommen mit seinen 64 Jahren zur Corona-Risikogruppe. Auf dem Rasen laufen 22 schnaufende Männer um ihn herum. Angst vor einer Ansteckung aber verspürt er keine: „Ich denke nicht darüber nach“, sagt er. Den Handschlag mit den Spielern vermeidet er, wie er im realen Leben den Menschenansammlungen eher aus dem Weg geht.
Die Sportanlage „Am Krähenacker“ in Osterath ist hergerichtet. Desinfektionsmittel steht am Eingang. Zuschauer reihen sich dort in Abständen hintereinander ein. Jeder muss sich in Listen mit Namen eintragen. Rote und gelbe Hütchen weisen den Weg für Heim- und Gästemannschaft. Sperrbänder riegeln Zonen um die Umkleiden für Spieler und Betreuer ab. Beide Teams sind in Corona-Zeiten in unterschiedlichen Kabinen-Trakten untergebracht. Zwei Kabinen statt einer pro Mannschaft, damit die Abstände in den Duschen stimmen. Viel Aufwand, viele Auflagen, um Fußballspiele durchführen zu können. „Lieber so als gar nicht. Man macht es gerne, weil wir alle Lust auf Fußball haben“, sagt Dennis Klein, Vorsitzender des OSV, bei dem alle Drähte zusammenlaufen. Die Mühe soll sich schließlich lohnen: „Wir wollen nicht verantwortlich sein, wenn es eine zweite Welle der Infektionen geben sollte.“ Kürzlich kamen überraschend viele Zuschauer zu einem Testspiel nach Osterath. Groundhopper, Fußballliebhaber bevölkerten die Anlage. Gesichter, die man vorher nie am Krähenacker gesehen hatte, erzählt Klein. Sie konnten es ohne ihren Fußball einfach nicht mehr aushalten.