Erinnerungen an das Bosman-Urteil Prozess: DEG-Talent siegreich

Düsseldorf · Künftig darf es im deutschen Jugendeishockey keine Beschränkungen mehr für EU-Ausländer geben. Das könnte die ganze Branche ändern. Geklagt hatte Rens Aberson, ein niederländischer U20-Spieler der Düsseldorfer.

 Das Stadion an der Brehmstraße von innen. Hier spielt die Jugend der Düsseldorfer EG.

Das Stadion an der Brehmstraße von innen. Hier spielt die Jugend der Düsseldorfer EG.

Foto: Endermann, Andreas (end)

(bs-) Dass die Niederlande eine große Sportnation sind, steht außer Frage. Wo sie aber kaum in Erscheinung treten: im Eishockey. Bis heute haben sie keine Profiliga, die Nationalmannschaft hat noch nie eine A-WM erlebt. Ambitionierte Spieler gibt es aber natürlich trotzdem, und aus Mangel an Alternativen vor Ort wechseln immer wieder welche in die Jugendabteilung der Düsseldorfer EG.

Einer davon könnte das deutsche Nachwuchs-Eishockey nun nachhaltig ändern: Rens Aberson, ein 19 Jahre alter Flügelstürmer, der aktuell in der U 20 der DEG spielt. Wie das Fachmagazin „Eishockey News“ berichtet, hat Aberson kürzlich einen Prozess vor dem Schiedsgericht des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) gewonnen. Er hatte gegen die so genannte Transferkarten-Regelung geklagt. Die besagt, dass im Nachwuchs nur zwei ausländische Spieler pro Team eingesetzt werden dürfen. Aberson wollte das schon 2020 ändern lassen, weil er befürchtete, deswegen nicht mehr bei der DEG eingesetzt zu werden. Nun bekam er Recht. „Die Beschränkung der Spielberechtigungen auf zwei transferkartenpflichtige Spieler ohne Unterscheidung zwischen EU- und Nicht-EU-Spielern widerspricht Europarecht“, heißt es im Urteil, das unserer Redaktion vorliegt, es liege eine „Diskriminierung von EU-Ausländern unzweifelhaft vor“.

DEB will seine Statuten grundlegend ändern

Dem DEB dürfte das weniger gefallen: „Bei einer übergroßen Teilnahme von Spielern anderer Nationen sei zu befürchten, dass die Strukturen des Nachwuchs-Eishockeys gefährdet werden würden“, habe der Verband laut Urteil die alte Regelung verteidigt. Was die Richter auch nicht vollends verneinten, allerdings sei die Aussage zu pauschal, die Beschränkung auf genau zwei Spieler nicht nachvollziehbar bei Kadern um die 30 Spieler. Zudem herrsche in der EU Freizügigkeit; Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen in einem anderen Mitgliedsland aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht anders behandelt werden. Zwar sei Aberson kein klassischer Arbeitnehmer, aber der Begriff werde großzügig ausgelegt. Und da er über Zuschüsse für Ausrüstung und seinen Platz im Sportinternat gefördert werde und mit dem Gedanken spiele, Profi zu werden, sei er „kein bloßer Freizeitspieler“.

Noch gilt das Urteil nur für Aberson selbst, aber nun drohen weitere Klagen, weswegen der DEB in der Eishockey News ankündigt, seine Statuten grundlegend zu ändern. Da kommen unweigerlich Gedanken an das berühmte Bosman-Urteil aus den 1990ern auf, nachdem es auch Sportlern gestattet war, ihren Arbeitsplatz frei zu wählen. Danach kamen zahlreiche ausländische Spieler in die Deutsche Eishockey-Liga, mittlerweile hat sie sich selbst auf neun pro Spiel beschränkt. Wie es künftig in der Jugend aussieht, ist noch unklar, aber es würde niemanden überraschen, wenn auch in den Topligen der Jahrgänge U 17 und U 20 deutlich mehr Talente aus anderen EU-Ländern auflaufen. Nicht nur aus den Niederlanden, sondern auch aus Schweden, Finnland oder Tschechien.

Zumindest für die DEG erwartet Michael Staade das aber nicht: „Wir setzen seit jeher auf Düsseldorfer und Heimatnähe. Von unseren U 17- und U 20-Spielern wohnen vielleicht 20 Prozent im Internat, da wird es künftig auch nicht viel mehr geben“, sagt der Vorsitzende. Auch über das neue Gastfamilienkonzept, das DEG, Fortuna und Stadt gemeinsam ins Leben gerufen haben, wird sich das nicht ändern. „Die Unterbringung in Gastfamilien von den Sportler*innen, die nicht für deutsche Spitzensportverbände startberechtigt sind, wird aktuell nicht direkt bezuschusst“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Theoretisch können ausländische Talente also über das Projekt bei Düsseldorfer Gastfamilien leben, aber sie müssten es selbst zahlen. So wird sich für die DEG direkt also wohl erst mal nichts ändern. Anderorts ist das aber sehr wohl möglich, was sich nachhaltig auf das deutsche Nachwuchs-Eishockey auswirken könnte. Weil ein Niederländer aus der DEG-Jugend sein Recht durchgesetzt hat.