Nach den Bye Weeks Wie Rhein Fires Offensive noch effizienter wurde

Analyse | Düsseldorf · Analyse Die Offensive von Rhein Fire war 2023 die beste der gesamten European League of Football. Das war vom Beginn der Saison an so, doch im Endspurt wurde sie noch einmal deutlich effizienter.

Die Footballer blicken auf eine erfolgreiche Saison. Hier fängt Rhein Fires Harlan Kwofie (l.) einen Pass in der Endzone.

Foto: Rhein Fire/Justin Alexander Derondeau

Als Rhein Fire nach dem achten Spieltag mit acht Siegen im Gepäck in zwei spielfreie Wochen ging, da war die Offensive bereits die beste der Liga. Mit ihrem Talent und der exzellenten Ausführung der Spielzüge konnte sie jeden Gegner irgendwann brechen. Doch nicht umsonst wurde Offensive Coordinator Andrew Weidinger zum Assistenztrainer des Jahres gewählt, Quarterback Jadrian Clark zum wertvollsten Spieler der Saison und beinahe die gesamte Offensive Line (unter anderem) ins Allstar-Team: Denn die Zahlen liefern Erstaunliches: Der Angriff ist im Saisonfinale noch einmal besser geworden.

In den ersten acht Wochen war Rhein Fire ein Team, das vor allem auf den Pass setzte. Im Schnitt warf Clark 35 Pässe pro Spiel. Danach veränderte sich das: In den letzten vier regulären Saisonspielen waren es durchschnittlich zehn Pässe weniger. Der Produktion schadete das aber nicht – im Gegenteil: Mit den weniger geworfenen Pässen gelangen mehr Yards im Schnitt insgesamt, mehr Yards pro Passversuch, eine bessere Quote an komplettierten Pässen und sogar ganz leicht mehr Touchdowns pro Spiel. Sprich: Das Passspiel wurde effizienter.

Ein Schlüssel dazu war natürlich weiterhin die Offensive Line. Zum Beispiel wurde sie in der Bewachung ihres Quarterbacks noch besser, denn Jadrian Clark kassierte zwischen Woche sieben in Paris und dem Finale gegen Stuttgart, also über zwei Monate lang, nicht einen einzigen Sack. Nur zweimal brachte der Gegner überhaupt einen Qaurterback von Rhein Fire mit Ball in der Hand zu Boden, beide Male war aber Back-up Rohat Dagdelen der Leidtragende.

Darüber hinaus hat die Offensive Line natürlich einen erheblichen Anteil am starken Laufspiel. Die Anzahl der Laufspielzüge stieg nach den Bye Weeks nur leicht an (von 27 auf 28,3 pro Spiel), doch die damit erlaufenen Yards pro Spiel verbesserten sich deutlich von 116,4 auf 199,8. Pro Laufversuch von 4,2 auf 7,3. Zudem gelangen im Durchschnitt fast doppelt so viele Touchdowns. Auch das Laufspiel ist somit effizienter geworden.

Geschafft hat Rhein Fire das nach wie vor nicht mit besonders ausgefallenen Spielzügen. Neben den hervorragenden Spielern und der guten Ausführung gelang es aber immer wieder, den Gegner auf dem falschen Fuß zu erwischen und das Spiel nach den eigenen Vorlieben zu diktieren. So konnte ein Ballbesitz sehr passlastig sein mit immer vier oder sogar fünf Wide Receivern auf dem Feld, nur um dann im nächsten stattdessen zwei Tight Ends und zwei Running Backs aufzubieten und den Ball ständig zu laufen. Der Gegner war immer gefordert, sich anzupassen, zu reagieren und neu einzustellen – und genauso will eine Offense das haben.

Ein gutes Beispiel ist das Duell in Woche elf mit den Hamburg Sea Devils: Der Gegner hatte in der gesamten Saison noch keinen Touchdown per Laufspiel zugelassen. Also begann Fire das Spiel mit ausschließlich Laufspielzügen und erzielte direkt mal einen Touchdown. Und später noch einen. Mit Kalkül, wie Andrew Weidinger hinterher mit seinem typischen schelmischen Grinsen zugab. Er ist der Kopf hinter alldem: „Er ist super smart und hat immer eine Antwort auf alles, was die Defense uns zeigt“, sagte Yasir Raji im Interview über ihn.

Ein anderes Beispiel ist das Spiel bei den Helvetic Guards. Die Schweizer boten mit Maceo Beard den – wie wir heute wissen – Defensivspieler des Jahres auf, der in der Saison gleich acht Interceptions fing (Topwert der ELF). Auch im Hinspiel fing er einen Pass von Clark ab. Also plante Fire im Rückspiel um ihn herum, brachte seine gewünschten Passempfänger in andere Matchups und attackierte somit konsequent die anderen Verteidiger. Beards Teamkollege Chaska Perron wurde dabei gleich dreimal für Touchdowns geschlagen.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Das alles sind keine außergewöhnlichen Dinge, sondern genau das, was jede Offensive auf jedem Niveau im American Football versucht. Rhein Fire war eben besonders gut darin, die Schwachstellen des Gegners zu finden und zu nutzen.

So konnte man im Saisonfinale noch einmal effizienter werden, um die perfekte Saison zu vollenden und den Titel zu gewinnen.