Vermehrt Vorfälle im Kreis Viersen Angst vor Giftködern wächst

Kreis Viersen · In sozialen Netzwerken tauchen vermehrt Warnungen von Hundehaltern auf, die beim Spaziergang auf Giftköder stoßen. Ein Hund starb nach Polizeiangaben in Nettetal noch am Tatort. Wie Hundehalter ihre Tiere schützen können.

Jana Sophie List informiert sich mit der App Dogorama über Giftköder im Umkreis.

Foto: Ester Hädicke

. Aktuell gibt es fast täglich neue Meldungen über Giftköder im Kreis Viersen, zumindest laut den sozialen Netzwerken: „Vorsicht! Giftköder am Breyeller See“, schreibt etwa ein Hundebesitzer in der Facebookgruppe „Giftköderradar Nettetal“. Dazu stellt er ein Foto der roten und grünen Körner, die aussehen wie Rattengift, ins Netz.

Sie liegen unauffällig am Wegesrand und können für Hunde sehr gefährlich werden: Leckerlis, gespickt mit Gift. Im Fall eines Hundes aus Niederkrüchten wurde das Gift zur Lebensbedrohung. Die Besitzerin möchte anonym bleiben, um ihren Hund vor weiteren Tätern schützen zu können. „Wir sind unsere übliche Runde gegangen, als mein Hund plötzlich etwas vom Boden aß“, erzählt sie. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein harmloser kleiner Keks, aber an den folgenden Tagen schwoll der Bauch des Hundes an und färbte sich dunkelblau. „Wir sind dann nach Holland in eine Tierklinik gefahren“, so die Niederkrüchtenerin. Dort wurde die Diagnose gestellt, dass der Hund an Blutarmut leidet, ausgelöst durch Rattengift. „Es war fast zu spät und unser Hund brauchte eine Bluttransfusion“, erzählt die schockierte Hundebesitzerin.

Die Polizei Viersen teilt mit, dass sie in den vergangenen Wochen viele Meldungen erhalten habe, dass Giftköder oder zumindest Dinge, die man dafür halten kann, gefunden worden seien. Das gilt vor allem für den Bereich Nettetal. „In Nettetal nahmen am vergangenen Wochenende zwei Hunde Giftköder zu sich. An der Dohrstraße in Breyell war am Samstagabend ein Hundehalter mit seinem Tier unterwegs, als es ein Stück Brot fraß, das am Wegesrand lag. Der Hund krampfte sofort und starb noch vor Ort“, sagt Polizeisprecherin Antje Heymanns. Sie ergänzt: „Die hinzugerufenen Einsatzkräfte entsorgten den übrigen Giftköder und suchten den Bereich nach weiteren Giftködern ab, fanden aber keine.“ Diese Routine werde in jedem Fall vorgenommen. „Aber oft melden sich die Finder auch erst später oder gar nicht und beseitigen die Köder selbst.“ Die Ordnungsämter sind nicht für das Entsorgen oder Dokumentieren von Giftködern zuständig.

Auch an der Karlstraße in Nettetal-Kaldenkirchen fraß vor wenigen Tagen ein Hund Gift, er konnte aber rechtzeitig in einer Tierklinik behandelt werden. Ein weiterer Giftköder wurde am Lötscher Weg gefunden. „Die Anzahl von nur drei Giftköderfällen in Nettetal ist unzuverlässig, denn Giftköder laufen unter Sachbeschädigung“, sagt Heymanns. „Wir können nicht in jede Anzeige wegen Sachbeschädigung reinschauen, um festzustellen, ob es sich um einen Giftköder handelt“, ergänzt sie. Nur, wenn ein Tier zu Schaden gekommen ist, ist es ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz; diese Anzeigen können verlässlich recherchiert werden. Umso wichtiger ist es, dass sich Hundehalter vernetzten und gegenseitig warnen, wenn einer von ihnen etwas Auffälliges gefunden hat.

Die 23-jährige Jana Sophie List aus Nettetal-Lobberich kann das bestätigen: „Ich benutze zum Austausch mit anderen Hundehaltern die App Dogorama, denn ich habe keinen Facebook-Account“, erzählt sie. In der App können Fundorte gemeldet werden; diese vermeidet die Hundebesitzerin dann. In der aktuellen Situation bleibt ihr Hund an der Leine. Auch Viola Kahlert aus Lobberich hat die Schutzmaßnahmen für ihren Hund erhöht: „Mein Hund trägt einen Maulkorb, denn auf diese Weise kann ich sicher gehen, dass er keine Giftköder frisst.“

Tierärztin Agnes Hennen aus Nettetal hat bemerkt, dass Hundebesitzer vorsichtiger geworden sind: „Unsere Kunden kommen jetzt eher zu uns, wenn ihr Hund draußen etwas gegessen hat. Wir geben dem Hund eine Brechreiztablette und kontrollieren das Erbrochene nach Giftkörnern.“ Das Gift sei oft mit Farbstoff versehen und gut erkennbar.

Die Tierärztin befürwortet die erhöhte Vorsicht, denn in den vergangenen Wochen hat sie mehrere Hunde wegen Vergiftung behandelt. „Als Erste Hilfe kann immer eine Kohletablette dienen, wenn der Hundebesitzer sich unsicher ist, ob der Hund etwas Falsches gegessen hat“, rät Hennen. Bei Symptomen die auf eine Vergiftung hinweisen, sollte aber sofort der Tierarzt aufgesucht werden. „Ungewöhnliches Verhalten wie Erbrechen, Zittern, starker Speichelfluss, Kurzatmigkeit oder Maulblutungen sind eindeutige Anzeichen.“