Stadt Meerbusch will Wildparker bestrafen Stadt will Natur stärker schützen
Meerbusch · Streunende Hunde, die Wild hetzen. Autofahrer, die an Feldrändern parken. Spaziergänger, die vorgegebene Wege verlassen. Die Stadt Meerbusch will rücksichtsloses Verhalten ahnden und kündigt Schwerpunktkontrollen an.
Thomas Nachtigal und seine vier Hunde sind täglich stundenlang in der Natur unterwegs. Im Wald, auf den Feldwegen und am Rhein. „Ich kann absolut nachvollziehen, dass die Menschen gerne draußen sind – erst recht in diesen Zeiten“, sagt der Osterather. „Aber es werden immer mehr, und was ich da in den vergangenen Wochen beobachten musste, das geht gar nicht.“
Autos, die an Feldrändern und auf Wiesen parken, Autofahrer, die gleich mehrfach Verbotsschilder ignorieren und in Naturschutzgebiete hineinfahren, Hunde, die Wild hetzen, weil ihre Halter sie nicht im Griff haben, Spaziergänger, die Wege verlassen, querfeldein durchs Dickicht trampeln und Tiere aufscheuchen, die dort eigentlich ihre Ruhe haben sollten. Unzählige Stellen kann der 49-Jährige nennen, an denen er solche Dinge erlebt: im Meerer Wald, in der Ilvericher Altrheinschlinge, an der Niederlöricker Straße unterhalb des Deichs – „ich weiß gar nicht, wo ich anfangen und aufhören soll“, sagt der Meerbuscher und fragt: „Wir haben hier in Meerbusch so eine schöne Natur mit sehr guten Wegen und ausgebauten Parkplätzen – warum nutzen diese Menschen die nicht?“
Was ihm aufgefallen ist: Meist sind es keine Meerbuscher, sondern Leute aus umliegenden Städten, die sich draußen rücksichtslos verhalten. „Und wenn man sie dann nett anspricht, wird man entweder ignoriert oder sofort übel beschimpft.“ So auch neulich, als noch Schnee lag. Da hatte ein Fahrer sein Auto mit laufendem Motor halb auf dem Feld geparkt und seinen Hund aus dem Kofferraum gelassen, während er selbst im warmen Auto sitzen blieb. Nachtigal: „Ich weiß, das sind schwarze Schafe. Aber ich meine zu beobachten, dass die Ignoranz bei Hundehaltern insgesamt steigt.“ Er befürchtet, dass solches Verhalten einzelner dazu führt, dass die Toleranz gegenüber allen Hundehaltern leidet.
Zudem ist er der Meinung, dass sich die Stadt Meebusch um das Parkproblem kümmern müsste. „Denn erstens bin ich kein Denunziant, und zweitens ist es auch gar nicht meine Aufgabe, die Leute zu maßregeln.“ Sein Vorschlag: eine gelbe Karte, die als Mahnung unter die Scheibenwischer geklemmt wird, mit dem Hinweis auf die nächstgelegenen Parkplätze. Von der Niederlöricker Straße beispielsweise ist der öffentliche Parkplatz am Modellflugplatz nicht weit entfernt. Aber selbst der ist manchmal überfüllt: Am ersten warmen Wochenende Ende Februar etwa war es rund um den Parkplatz am Apelter Weg zu teils chaotischen Situationen gekommen.
Dass es zuletzt verstärkt Probleme in der Meerbuscher Natur gab, ist der Verwaltung bekannt. Sie hat aber grundsätzlich Verständnis für die Leute: „Gerade seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist das Bedürfnis der Menschen, ihre Freizeit in freier Natur zu verbringen, groß“, sagt ein Sprecher. „Nicht tolerabel ist hingegen rücksichtsloses Verhalten, das gegen Regeln verstößt.“ Das gelte insbesondere für Meerbuschs sensible Naturschutzgebiete, die streng geschützt werden müssen. Er kündigt an: „Die Verwaltung wird fachbereichsübergreifend ein Konzept erarbeiten, mit dem insbesondere gegen das Wildparken im Zufahrtsbereich des Rheins wirksam vorgegangen werden kann.“
Jagdaufseher Zander setzt auf Aufklärung und Gespräche
Da eine flächendeckende Überwachung der betroffenen Gebiete aber nicht möglich sei, sollen künftig an Schönwetter-Wochenenden punktuelle Schwerpunktkontrollen mit konsequenter Ahndung von Verstößen für Abschreckung sorgen, kündigt die Stadt an. „Das Einfahren in ein Naturschutzgebiet oder das Parken auf nicht als Parkplatz gekennzeichneten Flächen ist verboten.“ Solche Ordnungswidrigkeiten könnten mit bis zu 500 Euro geahndet werden.
Geprüft werde außerdem eine Komplettsperrung des Apelter Weges für den Autoverkehr an Schönwetter-Wochenenden, ausgenommen wären Anwohner. Diese Variante wurde bereits im Corona-Frühjahr 2020 angedacht, wurde dann aber doch „aus Rücksicht auf die durch Corona ohnehin stark eingeschränkte Bevölkerung“ nicht umgesetzt. Künftige Sperrungen würden begleitet mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit und dem dringenden Appell, zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Rhein zu kommen. „Sperrungen sind harte, aber bewusstseinsbildende Maßnahmen“, betont der Sprecher. „Mit Schranken an Wirtschaftswegen – zum Beispiel unterhalb des Deichtors in Langst-Kierst oder am Naturschutzgebiet Nierster Spey – hat die Stadt trotz anfänglicher Skepsis von Landwirten gute Erfahrungen gemacht.“
Andere setzen auf Aufklärung und Gespräche statt Strafen, etwa Daniel Zander. Der 43-Jährige hat seit seinem 16. Lebensjahr den Jagdschein und ist seit rund zehn Jahren als Jagdaufseher für den Meerer Wald, aber auch für den Strümper Wald und große Teile des Natur- und Landschaftsschutzgebiets bis zum Klärwerk und zum Modellflugplatz zuständig. „Ich bin nicht nur Jäger, sondern auch Radfahrer, Jogger, Vater und Hundehalter, und verstehe somit viele Sichtweisen“, sagt er. Aber auch er treffe immer häufiger auf Menschen, die sich unangemessen in der Natur verhalten und dadurch Naturschutzgebiete gefährden.
Seine Erfahrung: Mit den Menschen zu reden sei oft zeitaufwändig, aber auf lange Sicht effektiver. Denn tatsächlich sieht er die Egoisten in der Minderheit. „Viele wissen es einfach nicht besser und nehmen Kritik durchaus an.“ Wenn sie etwa erführen, dass manche Bereiche im Dickicht die letzten Rückzugsflächen für Vögel und Pflanzen sind oder dass Rehe oft nur wenige Meter abseits der Wege im Brombeergestrüpp liegen, dann würden sie einsichtig. Zanders Appell: „Nur, wenn wir verantwortungsbewusst mit der Natur umgehen und sie an manchen Stellen einfach sich selbst überlassen, haben wir alle etwas davon.“