Handwerk in Meerbusch Zimmermann setzt auf Nachhaltigkeit
Strümp · Viele Städte und Kommunen setzen mittlerweile verstärkt auf den langlebigen Baustoff. Wohnhäuser ganz aus Holz sind in der Region aber noch selten. Der Meerbuscher Zimmermann Simon Söte hat deutschlandweit Aufträge.
Behaglich, warm, nachhaltig: Holz hat viele Vorteile und findet als Baumaterial immer mehr Anklang. Zwar hinkt man am Niederrhein bei Einfamilienhäusern im Vergleich zu südlicheren Regionen noch hinterher. Aber für den Bau von Gewerbehallen wird oftmals Holz bevorzugt. Einer, der den Markt genau im Blick hat, ist Simon Söte. Der Meerbuscher Zimmermann errichtet Großprojekte quer durch Deutschland. Mit seiner 550 Quadratmeter-Werkstatt in Strümp hat er sich auf Holzhallenbau spezialisiert. Deren Herzstück, eine hochmoderne Abbundmaschine für mehrere hunderttausend Euro, erlaubt nach vorheriger Programmierung einen zentimetergenauen Holzuschnitt. „Damit schaffen wir an einem Tag, wofür man sonst drei bis vier Tage Handarbeit benötigt hätte“, sagt Simon Söte. Auch die Präzision sei unschlagbar. „Wir bauen gerade eine Kletterhalle in Frechen, eine der größten der Region. Bei 20 Metern Höhe gab es nur einen Zentimeter Abweichung. Die Konstruktion wird von 25 000 Dübeln zusammengehalten, bei kaum zehn mussten wir nachbohren.“
Durch die Familie zum
Handwerk gekommen
Ein uraltes Handwerk, das ohne digitale Errungenschaften kaum noch denkbar ist. „Der Computer nimmt uns Arbeit ab“, bestätigt der Unternehmer. „Die vorherige Berechnung verkürzt die Prozesse auf der Baustelle. Unser Ziel ist es, dass alle Gewerke eingebunden sind und sich an einem 3 D-Modell orientieren können.“ Im Moment hofft er auf den Zuschlag für zwei fünfgeschossige Wohnhäuser in Mannheim, komplett aus Holz. „Es gibt nicht viele Firmen, die sich an so etwas rantrauen“, sagt Söte. Warum ist man bei uns eher zurückhaltend mit solchen Wohnhäusern? „Es mangelt an Planern und manchmal auch an der Bauordnung“, antwortet er. „Dazu kommt die Furcht der Bauherren, Holz würde nicht so langlebig sein und womöglich schimmeln. Diese Annahme ist längst überholt.“ Er selbst mache sich eher Sorgen um Materialien wie Styropor. „Wer entsorgt, was wir heute verbauen? Es gibt schon jetzt große Probleme, Styropor auf Mülldeponien loszuwerden. Die Zukunft des Bauens wird das nicht sein.“ Auch Betonbauten seien auf Dauer nicht unproblematisch. „Man kann es kaum glauben, aber Beton wird rar“, weißt Simon Söte. „Nicht jeder Kiesel ist dafür geeignet, man braucht die passenden Körner. Darum exportieren so viele deutsche Kieswerke Riesenmengen in die arabischen Länder. Im Wüstensand lässt sich kein Beton anrühren.“ Geht es um Nachhaltigkeit, kommt man am Holz ohnehin nicht vorbei. Es sei bei geeigneter Dämmung einfacher, ein Holzhaus warm zu kriegen als ein Massivhaus. „Das muss zunehmen“, fordert Simon Söte. „Wir verwenden fast nur ökologische Baustoffe. Darauf legen immer mehr Auftraggeber wert. Vor allem, wenn sie Kinder haben, denken sie darüber nach, welche Welt sie ihnen hinterlassen wollen.“
Wie kam er auf sein Handwerk? „Durch die Familie. Mein Großvater war Schreiner, mein Onkel Zimmermann“, berichtet er. „Bei einigen Praktika fand ich Gefallen am Holz. Deshalb entschied ich mich, kurz vor dem Abitur von der Schule abzugehen.“ Nach der Ausbildung zum Zimmermann belegte Simon Söte bei der Landesmeisterschaft den besten Platz und bekam ein Stipendium für die Meisterschule. 2003 machte er sich zum ersten Mal selbstständig und übernahm einen Betrieb in Meerbusch. Der florierte zunächst auch, doch kurz vor einem geplanten Neubau brannte die alte Produktionsstätte ab. Simon Söte stand vor dem Nichts. Er arbeitete vorübergehend in einem Ingenieurbüro, bis ihm klar war: „Du bist und bleibst Zimmermann.“ Nach einem Zwischenspiel im Holzhallenbau in Osnabrück war er bereit für einen zweiten Versuch. Zurück in der Heimat, hieß es in Meerbusch: „Der Simon ist wieder da.“ Eine richtige Produktionsstätte hatte er da erst nicht, nur ein Auto mit Werkzeug. Bald meldeten sich alte Kumpel und Arbeitskollegen und ermunterten ihn, sie einzustellen. 2018 fand er über die Wirtschaftsförderung Meerbusch das Grundstück in Osterath. Insgesamt sollte die Stadt Meerbusch Mittelständler besser unterstützen, auch bei den Mietpreisen, sagt er. Sein Handwerk sei ein echter Knochenjob, man müsse vier bis fünf Tonnen Holz am Tag bewegen. „Aber dennoch wunderbar“, fügt er hinzu. „Junge Leute sollten sich überlegen, ob sie nicht auf dem Bau arbeiten wollen, der Beruf des Zimmermanns hat Zukunft und wird ordentlich bezahlt.“ Sein älterer Sohn studiert Informatik, der jüngere könnte eines Tages sein Nachfolger werden, vermutet er. Was befriedigt Simon Söte bei seiner Arbeit am meisten? „Wenn jemand einen Dachstuhl bestellt und am Ende sein ganzes Haus aus Holz baut. Solche Visionäre brauchen wir.“