Hunderte Beamte im Einsatz Großrazzia gegen Al-Zein-Clan und Co. in NRW: „Große Fische ins Netz gegangen“

Mit einer Großrazzia soll die Polizei unter anderem gegen Mitglieder des Al-Zein-Clans vorgegangen sein. Es geht um Betrug mit Corona-Hilfen und Luxusautos. Der Schaden geht in die Millionenhöhe.

Solingen: Polizisten dringen im Rahmen einer groß angelegten Razzia in ein Haus ein. Mit der bundesweiten Aktion geht die Polizei gegen Mitglieder des Al-Zein-Clans vor.

Solingen: Polizisten dringen im Rahmen einer groß angelegten Razzia in ein Haus ein. Mit der bundesweiten Aktion geht die Polizei gegen Mitglieder des Al-Zein-Clans vor.

Foto: dpa/Gianni Gattus

Die Polizei ist am Mittwoch in mehreren Bundesländern mit Großrazzien gegen die organisierte Kriminalität vorgegangen. Schwerpunkt der Einsätze war Nordrhein-Westfalen. „Große Fische sind uns ins Netz gegangen“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittag in Düsseldorf. Bei den Beschuldigten handle es sich um „Berufsbetrüger“, die ihren Lebensunterhalt mit Straftaten bestritten. Unter den Beschuldigten sollen sich auch Angehörige des polizeibekannten Al-Zein-Clans befinden.

Die beiden voneinander unabhängigen Razzien in mehreren Bundesländern richteten sich demnach gegen mutmaßliche Betrüger im Zusammenhang mit staatlichen Corona-Hilfen sowie gegen gewerbsmäßige Bandenhehlerei - hier ging es um den Verdacht des Handels mit unterschlagenen oder gestohlenen Luxus-Autos.

Schwerpunkt der Durchsuchungen war Nordrhein-Westfalen. Dort ist es laut Angaben der Staatsanwaltschaft Düsseldorf unter anderem in Essen, Dortmund, Köln, Gelsenkirchen, Wesel, Leverkusen, Ratingen, Solingen, Aachen, Düsseldorf, Bochum, Recklinghausen, Münster und Neuss zu Razzien gekommen.

Aus Ermittlerkreisen hieß es, dass geleaste Autos unterschlagen und mit neuen Kennzeichen versehen verkauft worden sein sollen. In einem zweiten Ermittlungskomplex geht es um Betrug mit Corona-Soforthilfen. Beide Verfahren überschneiden sich anscheinend. Die Federführung liegt beim Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen.

Im Fokus des Verfahrens um Betrug mit Corona-Hilfen stehen laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf „fünf deutsche beziehungsweise türkische Beschuldigte“ im Alter von 29 bis 55 Jahren. Den Beschuldigten werde vorgeworfen, mit einem „Geflecht“ aus Scheinfirmen und Strohleuten Corona-Hilfen und Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau erschlichen zu haben. Den übrigen Beschuldigten werde die Beteiligung an den Taten vorgeworfen. Hunderte Beamte waren bei den Kontrollen im Einsatz. Das Verfahren richte sich gegen insgesamt 40 Beschuldigte, von denen vier festgenommen wurden. Der mutmaßliche Schaden betrage 7 Millionen Euro.

Das Verfahren um Mietfahrzeuge richtet sich insgesamt gegen 17 Beschuldigte im Alter von 30 bis 38 Jahren. Sie sind verdächtig, in mindestens acht Fällen mit betrügerisch erlangten, unterschlagenen oder entwendeten Fahrzeugen gehandelt zu haben, so die Staatsanwaltschaft weiter. Bei den hochpreisigen Fahrzeugen (etwa Audi Q7, Porsche Panamera sowie Mercedes Benz S 350 D) handele es sich vorwiegend um Leasing- und Mietfahrzeuge, welche durch die Beschuldigten vertragswidrig an Dritte veräußert worden sein sollen. Einem der Beschuldigten wird zudem Erpressung im Zusammenhang mit dem Betrieb eines illegalen Glücksspiels vorgeworfen.

Der Al-Zein-Clan sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Zurzeit stehen Angehörige in Düsseldorf vor Gericht, deren Villa in Leverkusen mit Geldern vom Jobcenter bezahlt worden sein soll. Der Staatsanwalt hatte vor wenigen Tagen für den Clan-Chef eine Haftstrafe von sechs Jahren gefordert. Die Urteile sollen am 22. Dezember gesprochen werden.

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen geht seit einigen Jahren gezielt gegen kriminelle türkisch-arabische Familienclans vor. Der Hauptaktionsraum von Clankriminellen ist laut Landeskriminalamt das Ruhrgebiet. Die meisten Straftaten wurden laut „Lagebild Clankriminalität“ 2021 in Essen verzeichnet, gefolgt von Recklinghausen, Gelsenkirchen, Duisburg und Bochum. Seit Beginn der Offensive gegen kriminelle Clans im Juli 2018 seien bei mehr als 2000 Razzien über 5000 Objekte kontrolliert und 3200 Strafanzeigen aufgenommen worden, hieß es bei der Vorstellung des Lagebilds im April.

Mit dem Begriff Clankriminalität bezeichnet die Polizei eine „sich aus ethnisch abgeschotteten Subkulturen heraus entwickelnde Kriminalität“. 2021 war die statistisch erfasste Clankriminalität im größten deutschen Bundesland dem Lagebild zufolge leicht rückläufig. Die Zahl der erfassten Straftaten durch kriminelle Clanangehörige sank um 5,8 Prozent auf 5460. Gleichzeitig sei das Volumen beschlagnahmten Vermögens von knapp vier auf über zehn Millionen Euro mehr als verdoppelt worden. Jedes fünfte Ermittlungsverfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität habe 2021 Clan-Bezüge gehabt.

(dpa)