Gewerkschaften kritisieren, dass Grundschüler und Kita-Kinder wieder Schnelltests machen sollen Grundschulen in Solingen „kapitulieren“ vor dem Test-System

Solingen. Die aktuelle Corona-Entwicklung bei den Kindern und das seit dieser Woche wieder veränderte Testverfahren für die Grundschulen und Kitas lässt die Wellen bei Eltern, Lehrern und Erziehern ziemlich hochschlagen.

 Gewerkschaften kritisieren, dass Grundschüler und Kita-Kinder wieder Schnelltests machen sollen.

Gewerkschaften kritisieren, dass Grundschüler und Kita-Kinder wieder Schnelltests machen sollen.

Foto: Tim Oelbermann

Auch die Lehrergewerkschaften üben deutliche Kritik an der neuen Regelung. Danach können nach einem positiven Pool-Test einer Klasse oder Gruppe, der in den Grundschulen und Kitas als PCR-Lollitest durchgeführt wird, die Einzeltest, um herauszufinden, welches Kind im Pool positiv war, nun nicht mehr von den Laboren untersucht werden.

„In Grundschulen, Kindertagesstätten, bei Tagespflege-Personen sowie bei Brückenangeboten und Spielgruppen wird ab sofort per Schnelltest ermittelt, welches Kind nach einem positiven Pool-Test mit dem Coronavirus infiziert ist“, erklärt Stadt-Sprecherin Sabine Rische die neue Regelung. Da die Labore überlastet seien, werden die dort stattfindenden PCR-Testungen jetzt priorisiert: Vorrang haben vulnerable Gruppen und Beschäftigte aus Kliniken und Heimen.

 Die Stadtdienste Schule und Gesundheit haben sich nach Angabe der Stadt mit den Schul- und Kita-Leitungen auf folgendes Verfahren geeinigt: Bei einem positiven Pool-Test müssen die Eltern ihre betroffenen Kinder in einem Schnelltestzentrum testen lassen. Ist dieser Schnelltest negativ, kann das Kind unmittelbar nach Ergebnis-Bekanntgabe wieder zurück die Kindertagesstätte oder die Grundschulklasse besuchen. Ist der Schnelltest aber positiv, ist eine weitere PCR-Test-Bestätigung erforderlich. Das Kind geht dann zu den derzeit geltenden Regelungen – zehn Tage Isolation, Freitest-Möglichkeit nach sieben Tagen – in Isolation.

Möglichkeit genommen,
rechtzeitig zu reagieren

An diesem Verfahren übt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) heftige Kritik. Dessen Solinger Vorsitzender Jens Merten traf sich jetzt im Landtag mit Marina Dobbert, SPD-Landtagsabgeordnete und Mitglied des Schulausschusses. „Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass die Schulen mit ihren berechtigten Anliegen im Landtag Gehör finden. Die aktuellen Vorgaben des Ministeriums für Schule und Bildung sorgen in meinem Wahlkreis für große Unruhe“, so Dobbert.

Es sei ihm wichtig, die problematischen Auswirkungen, die von der neuen Teststrategie und ihrer Kommunikation in der Praxis verursacht werden, konkret aufzuzeigen, betonte Jens Merten. „Erneut wurde den Schulen jede Möglichkeit genommen, rechtzeitig auf neue Anweisungen zu reagieren, und erneut hat das Ministerium die Chance verpasst, frühzeitig Fallstricke und Belastungen im Vorfeld zu vermeiden.

Nun werden die Grundschulen wieder zu Schnelltestzentren, in denen sechsjährige Kinder vor ganzer Klasse auf ihre Ergebnisse warten“, so seine Kritik. Noch nicht endgültig geregelt ist, ob die Schnelltests nur im Testzentrum oder auch morgens in der Schule gemacht werden.

Dobbert und Merten waren sich einig, dass schon vor Wochen Alternativpläne erarbeitet und mit Vertretern der jeweiligen Schulformen hätten abgestimmt werden müssen. „Wir sind erneut sehenden Auges in das heutige Chaos gelaufen“, kritisiert Merten. Die Entlastung der Labore dürfe für eine Schulministerin nicht der wichtigste Punkt sein“, unterstreicht Marina Dobbert.

Auch Dirk Bortmann, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Solingen, kritisiert den neuerlichen Wechsel der Regelungen. Das „optimierte“ Testverfahren, den zweiten PCR-Rückstelltest gleich mit ins Labor zu schicken, um im Positiv-Fall Zeit zu sparen, habe gerade mal zwei Wochen angewendet werden können. „Nach der gestrigen erneuten Anpassung, die einen deutlich verringerten Infektionsschutz mit sich bringt, wissen Eltern und Beschäftigte nicht weiter“, so Borgmann. Ein qualitativ besseres Testverfahren werde also durch ein weniger gutes Testverfahren überprüft. „Und das in seiner Situation, wo bekannt ist, dass positiv getestete Kinder in der Gruppe sind“, sieht Dirk Bortmann eine weitere Belastung für die Klassen.

Kritische Stimmen kommen auch aus der Elternschaft: „Es ergibt keinen Sinn, Kinder nach einem positiven Pool-Test wieder in die Schule zu schicken, weil dadurch andere Kinder und deren Familien gefährdet werden. Es wäre wünschenswert, wenn das Ministerium die sicheren PCR-Tests, die für etwas Sicherheit in den Schulen gesorgt haben, beibehalten würde“, fordert die Stadtschulpflegschaftsvorsitzende Antonia Depner eine „klare Linie“ und keinen zusätzlichen „sozialen Stress“ für die Kinder in der Klasse.