Porträt nach 40 Jahren Flughafen Hanné nimmt Abschied vom Airport
Lohausen · Michael Hanné wurde vom Lader zum Geschäftsführer und erlebte historische Krisen. Jetzt verabschiedet er sich in den Ruhestand.
Als in den 80er Jahren die Fernsehserie „Abenteuer Airport“ mit Hansjörg Felmy am Düsseldorfer Flughafen gedreht wurde, war Michael Hanné für die Requisite zuständig. Eigentlich bestimmte die Abfertigung auf dem Vorfeld seinen beruflichen Alltag. Nun hatte er für die Filmcrew zu besorgen, was der Regisseur gerade so an typischen Dingen aus der Welt des Flughafens brauchte. Ein Millionenpublikum verfolgte später in der ARD, wie eine Extremsituation auf die nächste folgte: Attentat, Flugzeugentführung, Notlandung. Etwas übertrieben kam das manchem Zuschauer vor. Während die Serie nach einer Staffel eingestellt wurde, ging Hannés „Abenteuer Airport“ allerdings erst richtig los. Er legte eine eher für Hollywood typische Tellerwäscher-Karriere hin. Und er war nun in der Wirklichkeit als Verantwortlicher mit Ausnahmesituationen wie dem Flughafenbrand, dem Germanwings-Absturz und der Pandemie konfrontiert.
Nachdem Hanné sich jetzt nach 40 Jahren am Flughafen in den Ruhestand verabschiedete, blickt er auf eine höchst unwahrscheinliche berufliche Laufbahn zurück. Der 65-Jährige sagt selbst, dass das so heute wohl nicht mehr möglich wäre: Vom Lader auf dem Vorfeld zum Geschäftsführer und Arbeitsdirektor.
Der Vater arbeitete
lange am Flughafen
Teil seines Lebens war der Flughafen allerdings schon früh. Hannés Elternhaus stand ganz in der Nähe, Propellermaschinen flogen da schon mal drüber. Der Vater arbeitete selbst lange am Flughafen und nahm seinen Sohn öfter mal mit. Nach Mittlerer Reife, Bundeswehr und einer Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur wollte Michael Hannè aber zunächst nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten. Zu viele Schichten am Wochenende oder auch nachts schreckten ihn ab. „Doch mein Vater ließ nicht locker. Für ihn war das ein sicherer Job. Irgendwann wurde der Druck so groß, dass ich mich beworben habe.“ Erst habe er nur ein halbes Jahr bleiben wollen, sagt Hanné, aber dann hätte ihn doch gepackt, was er lange als „Geschwafel“ abgetan hatte. „Mich faszinierte der Kontakt zur großen weiten Welt und die Abwechslung. Der Geruch von Kerosin kam mir schließlich wie Parfüm vor.“
Seine Karriere entwickelt sich schnell. Vom Lader stieg er zum Betriebsleiter in der Vorfeldabfertigung auf. Später war er Verkehrsleiter vom Dienst, nach der Leitung Terminal-Management wurde er Chef für Aviation und Zentrale Infrastruktur. Dann übernahm Hanné die Gesamtleitung des Geschäftsbereiches Operations und Sicherheit. Vor fünf Jahren wurde er Geschäftsführer und Arbeitsdirektor. „Ich hatte großes Glück und hätte mir das zu Beginn nicht träumen lassen“, sagt Hanné. Er sei halt „immer so mit durchgelaufen“. Und wenn er über seinen Erfolg spricht, dann nennt er „Teamarbeit“ als einen Schlüssel dafür. Seine praktische Erfahrung und das Herzblut für die Sache hätten viel zur Akzeptanz bei seinen Mitarbeitern beigetragen. „Das war dann eigentlich oft ein Selbstläufer.“
Das sagt Hanné wohl auch deshalb so uneitel dahin, weil es für ihn offenbar nichts Besonderes ist, die Dinge anzupacken. Gefordert war diese Eigenschaft insbesondere nach dem 11. April 1996, dem Brand des Düsseldorfer Flughafens. Hanné brach den Osterurlaub mit seiner Familie auf Gran Canaria ab und war als Leiter des Terminal-Managements dafür verantwortlich, den Flugbetrieb wieder ans Laufen zu bringen. Zunächst einmal ging es darum, die Mannschaft sowie Gerätschaften auf andere Flughäfen zu verteilen, um den umgeleiteten Verkehr bewältigen zu können. Dann entstand in Düsseldorf innerhalb von 14 Tagen mit einer Fläche von 25 000 Quadratmetern „der weltgrößte Zeltflughafen“, wie Hanné sagt. „Eine Spitzenleistung, die nur mit einer Topmannschaft möglich war.“ Messebauer wurden beauftragt, Check-in-Schalter zu bauen, bereits ausgemusterte Geräte wurden aus dem Röntgenmuseum in Remscheid zurückgeholt.
Als „gleichermaßen schrecklich“ empfand Hanné den Absturz des Germanwings-Flugs 9525 im Jahr 2015. „Das hat sich ganz tief in meine Seele und mein Herz eingefräst“, sagt Hanné. Minutenlang habe er damals noch an eine technische Störung geglaubt, dann mehr auf sie gehofft. „Nach einer Viertelstunde haben wir dann allerdings schon das Gefahrenprotokoll ablaufen lassen“, wofür Hanné als langjähriger Leiter des Krisenstabs mitverantwortlich war.
Flugzeug-Absturz bleibt eine
sehr emotionale Erinnerung
Neben der Betreuung der Angehörigen am Flughafen sei ihm vor allem die Überführung der sterblichen Überreste bis heute als „sehr emotionales Ereignis“ im Kopf geblieben. Unter anderem fuhren 16 Leichenwagen die beim Absturz ums Leben gekommenen Schüler von Düsseldorf aus nach Haltern.
Die dritte große Krise seines Berufslebens hat Hanné nicht mehr ganz meistern können, der Ruhestand kam zu früh: Corona und die verheerenden Folgen für den Flughafen. Hanné erinnert sich, dass vor 25 Jahren Richtlinien für den Fall einer Pandemie am Flughafen entwickelt wurden. „Wir haben damals oft den Kopf geschüttelt und uns gefragt, worüber reden wir hier eigentlich?“ Selbst Anfang 2020 habe er lange nicht geglaubt, dass Corona mehr Auswirkungen haben würde als die Schweinegrippe. Schließlich musste er sogar ein Sparprogramm mitentwickeln. Seine Themen sind plötzlich Kurzarbeit und ein Sozialplan. „Nach außen ist man ja oft der coole Manager. Aber das trifft mich einfach sehr.“
Der Experte fürs Operative wird sich nun zunächst auf ein etwas kleineres Projekt konzentrieren: den Tausch von Badezimmer und Küche in seinem Haus. Doch dann nur noch auf seiner Lieblingsinsel Lanzarote Urlaub machen, kommt nicht in Frage. Hanné sieht schon wieder die nächsten Dinge, die es anzupacken gilt. Bei der EM 2024 könnte er bei der Organisation in Düsseldorf eine Rolle spielen. Und ein Buch will er schreiben. Leider ist der Titel „Abenteuer Airport“ schon vergeben.
Einen vermeintlichen Bombendroher am Telefon gehabt
In einem Kapitel wird es sicher darum gehen, wie Hanné einst einen vermeintlichen Bombendroher am Telefon in ein Gespräch verwickelte. Hanné ließ sich genau erklären, wo der Mann wohnte. Stolz berichtete der von seinem Blick auf das Stadion des Wuppertaler SV. Noch durchs Telefon konnte Hanné hören, wie die Polizei klingelte und den Mann festnehmen konnte.