Konzert im Ponystall Mit zwei Schultersehnen spielt der Teufelsgeiger „doppelt so schnell wie vorher“

Hilden/Haan · Seit über 40 Jahren mischt das Trio Farfarello mit origineller Musik die Szene mächtig auf. In diesem März hat sich Bandmitglied und „Teufelsgeiger“ Mani Neumann einen Traum erfüllt und die Leitung des „Ponystalls“ an der Ellerstraße übernommen. Vor dem ersten Auftritt von Farfarello im eigenen Klub am nächsten Wochenende haben wir ihn zum Gespräch getroffen.

Mani Neumann ist der „Teufelsgeiger“ des Trios Farfarello. Im Hintergrund Gitarrist Ulli Brand.

Foto: Berns, Lothar (lber)

Mani Neumann konnte erst vor kurzem wieder mit dem Geigespielen anfangen. Vor sechs Wochen musste er sich einer OP unterziehen: Riss der Trizepssehne in der rechten Schulter. „Der Arzt hat selten eine so verschlissene Sehne gesehen und mir zusätzlich eine künstliche Sehne eingebaut“, erzählt er: „Jetzt habe ich zwei Sehnen statt einer und vermute, dass ich doppelt so schnell spielen kann wie vorher.“ Neumann werkelt gerade im Außenbereich des Ponystalls an der Ellerstraße in Hilden an einem Tisch herum. Auch hundert Tage nach Übernahme des Lokals gibt es noch jede Menge zu tun. Bei einem Kaffee und einer Zigarette macht er eine Pause und blickt auf das „Heimspiel“ von Farfarello am kommenden Wochenende voraus.

Warum hat es über drei Monate bis zum ersten Farfarello-Konzert im Ponystall gedauert?

Mani Neumann: Wie auch beim Bundeskanzler üblich wollten wir uns nach hundert Tagen bewerten lassen! Im Ernst: Ich wollte den Klub nicht an Farfarello aufhängen, ihn erstmal als Musikklub etablieren. Deswegen haben wir uns ein bisschen Zeit gelassen.

Wie fällt denn Ihr Zwischenfazit aus?

Neumann: Ich merke: Das Geschäft läuft. Die Einnahmen des ersten Jahres investiere ich in den Laden, die des zweiten sind für mich und im dritten Jahr geht der Gewinn dann ans Finanzamt (lacht). Die Entscheidung, den Ponystall zu übernehmen, habe ich bisher keinen Millimeter bereut. Ich denke zwar, der Klub muss sich noch ein bisschen herumsprechen. Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Der Ponystall ist ein Traditionshaus, wir führen es gut und haben Exklusivität in vielen Dingen.

Und die Resonanz der Gäste?

Neumann: Alle, die gekommen sind, haben gesagt: Wir kommen wieder und bringen unseren Nachbarn mit. Die Anwohner machen hier ihr Nachbarschaftstreffen! Die meisten Gäste zwischen 50 und 75 kennen den Ponystall ja noch von früher, weil es hier um 3 Uhr morgens Spaghetti gab. Und jetzt haben wir diese alte Tradition wieder aufleben lassen. Das ist für viele ein Déjà-Vu.

Wie läuft ein Abend im Ponystall ab?

Neumann: Wenn keine Live-Musik ist, können die Leute erst einmal gepflegt essen und trinken. Bei vorgerückter Stunde kommen dann Musikwünsche, die Leinwand geht runter, ein Musikvideo wird abgespielt, und dazu wird getanzt. Wir haben hier schon Männer auf den Tischen tanzen sehen. Das ist wunderbar, dafür ist der Klub da. Im Zweifelsfall lege ich irgendwann am vorgerückten Abend eine Live-Version von „Kashmir“ von Led Zeppelin auf – und dann geht die Party los.

Wie ist für Sie die Doppelrolle als Musiker und als Gastwirt?

Neumann: Das ist alles ganz nah beieinander. Wir haben mit Farfarello ungefähr 6000 Konzerte in unserem Leben gespielt. Das heißt, ich habe sechstausend Mal Gastronomie gesehen. Wir wissen, wie es geht. Und wir können in unserem eigenen Klub spielen oder unsere Freunde einladen. Es lag einfach nahe, dass wir als vielgereistes Trio über kurz oder lang einen eigenen Klub haben.

Wer ist bislang hier aufgetreten?

Neumann: Hier waren schon ganz illustre Leute – zum Beispiel Charly T, der ehemalige Schlagzeuger von Marius Müller-Westernhagen, mit seiner Band Pandora. Das Publikum ist völlig ausgerastet. Und Anne Haigis war hier, eine renommierte Sängerin. Sie war am Anfang etwas skeptisch wegen der Größe. In den Ponystall passen ja nur 50 Leute. Am Ende wollte sie aber gar nicht mehr weg, weil sie die Nähe zum Publikum so toll fand. Wir haben ja keine herkömmliche Bühne, obwohl wir jetzt ein Podest eingebaut haben, das doch ein gewisses Bühnenfeeling gibt.

Was haben Sie baulich noch verändert?

Neumann: Ich habe das Gebäude gelb angestrichen. Die Beleuchtung ist komplett anders. Der Sound ist viel weicher geworden, nachdem wir unter die Decke kreisförmig akustische Platten gehängt haben, weil die Betonkuppel vorher eine sehr irritierende Akustik produziert hat. Und die Eingangstür ist jetzt verglast, damit man von außen reingucken kann.

Zur Musik: Was steht bei Ihren Konzerten im Ponystall auf dem Programm?

Neumann: Wir spielen aus unseren beiden letzten Alben, „Krönung“ und „Zeitzone“ – wie immer unsere ganz eigene Musik: eine emotionale, intensive Mischung aus Rock, Klassik und Folk, für die noch keine Schublade erfunden wurde. Alle Stücke sind Eigenkompositionen, aber ab und zu zitieren wir einen Klassiker wie die „Moldau“ oder Chatschaturjans „Säbeltanz“. Das sind Melodien, die könnten auch von uns sein.

Wie sind Sie zu dieser Musik gekommen?

Neumann: Vor Farfarello habe ich mit einer rumänischen Band gespielt, das war entscheidend für mich. Dadurch habe ich die osteuropäische Folklore aufgesaugt. Unser Gitarrist Ulli Brand hat zu der Zeit Musik studiert und bekam internationale Folkmusik beigebracht. Auf dieser Basis haben wir unsere Musik entwickelt.

Eine besondere Affinität haben Sie zu Rumänien…

Neumann: Ja, wir waren allein letztes Jahr vier Mal auf Tour dort. Die Rumänen lieben unsere Musik. Ich habe früher bei „Phoenix“ gespielt, das war DIE Band dort. Im Mai 1990 war ich nach der Wende das erste Mal da und bin mit „Phoenix“ vor 600 000 Menschen mit Phoenix aufgetreten. Das war Woodstock.

(tg)