Letzte Zeitzeugin aus Kempen Holocaust-Überlebende Mirjam Honig ist mit 102 Jahren gestorben
Kempen · Mirjam Honig war die letzte noch lebende Zeitzeugin des Nazi-Terrors in Kempen. Als Jüdin musste sie 1936 mit ihrer Familie Kempen verlassen. Im niederländischen Eindhoven ist sie nun am Samstag gestorben.
(hk-) Sie war die letzte Jüdin aus Kempen, die noch von der Verfolgung durch die Nationalsozialisten berichten konnte. Am Samstag, 21. Dezember, ist Mirjam Honig nun im niederländischen Eindhoven im Alter von 102 Jahren friedlich eingeschlafen. Geboren wurde Mirjam Honig 1922 als ältere von zwei Töchtern des Anwalts Dr. Karl Winter und seiner Ehefrau Bertha. 1931 zog die Familie nach Kempen. Dort arbeitete der Vater als Anwalt und Notar. 1933, im Jahr der nationalsozialistischen Machtübernahme, wurde ihm seine Lizenz entzogen; seine Familie brachte Karl Winter künftig mit dem Verkauf von Krawatten durch.
Mit dem Inkrafttreten der Nürnberger Rassegesetze 1935 galten die Juden als Menschen zweiter Klasse. In Kempen wurde die Familie Winter behandelt wie Aussätzige. Im Januar 1936 emigrierte Karl Winter mit seiner Familie nach Venlo, zog dann nach Eindhoven, weil Venlo ihm zu nah an der Grenze zu Hitler-Deutschland lag. Doch 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. 1942 setzen die Deportationen in das Vernichtungslager Auschwitz ein. In den nächsten zweieinhalb Jahren wurde die Familie Winter vom niederländischen Widerstand in wechselnden Unterkünften versteckt und im November 1944 in Sevenum von schottischen Truppen befreit.
Nach dem Krieg heiratete Mirjam Winter den Lehrer Gerrit-Jan Honig, der sie als erster vor der bevorstehenden Deportation gewarnt hatte. Aber es dauerte noch einmal 65 Jahre, bis sie wieder Kempener Boden betrat. Ab 2009 sprach sie mehrfach in Kempener Schulen, rief zu Frieden und Menschlichkeit auf. Am Holocaust-Gedenktag 2012 wurde sie von Bürgermeister Volker Rübo empfangen, trug in der dicht besetzten Paterskirche eine bewegende Darstellung ihrer Verfolgung vor und rief zur Versöhnung auf. 2013 weihte sie unter Tränen eine Gedenktafel zur Erinnerung an ihre Familie an der Ecke Ring/Kerkener Straße ein, wo ihr Elternhaus gestanden hatte. Dort verlegte Kempens Stolpersteininitiative Gedenksteine für sie, ihre Eltern Karl und Bertha und ihre Schwester Ruth.