„Ist Luisa hier“ auf dem Weihnachtsmarkt in Düsseldorf Wie eine Frage für Sicherheit sorgen soll – und warum sie nicht überall funktioniert
Düsseldorf · Wer sich auf dem Weihnachtsmarkt unwohl fühlt, kann mit einem Code unkompliziert Hilfe suchen. Wie gut funktioniert das wirklich?
Es klingt nach einer banalen Frage, doch beim Ausgehen hat sie einen besonderen Hintergrund: „Ist Luisa hier?“ Eine Kampagne, die Frauen mehr Sicherheit ermöglichen und ein Zeichen gegen Gewalt setzen will. Die Idee: Wenn eine Frau sich unsicher, bedrängt oder belästigt fühlt, kann sie sich mit der Frage an das Personal in einem Geschäft oder einer Gaststätte wenden – der Code soll es vereinfachen, schnell die Notlage deutlich zu machen. Zum ersten Mal ist die Kampagne auf dem Weihnachtsmarkt vertreten.
Die Kampagne erstreckt sich über die Glühweinstände auf dem Altstadt-Markt (Flinger Straße), dem Handwerkermarkt vor dem Rathaus, dem Schadowmarkt, dem Lichtermarkt an der Königsallee sowie den Märkten am Kö-Bogen. Alle Mitarbeiter seien darüber informiert, dass der Satz ein Hilfesignal sei. Die Frau muss nicht berichten, was konkret passiert ist, sondern bekommt sofort Hilfe und Unterstützung. Die Betreiber der Glühweinstände hätten dafür detaillierte Informationen zu Handlungsoptionen erhalten, „wie sie eine hilfesuchende Frau unmittelbar und unkompliziert unterstützen können“, sagt Lena Löwen von der Frauenberatungsstelle Düsseldorf. Diese setzt die Kampagne um, die von Veranstalter D.Live auch offensiv beworben wird.
Der Realitätscheck bei den Glühweinständen zeigt ein etwas anderes Bild. Die meisten Mitarbeiter, die die Redaktion anspricht, kennen zwar den Satz „Ist Luisa hier?“, haben allerdings keine spezifische Schulung oder Anleitung erhalten. Sie würden improvisieren – und je nach Situation entscheiden, was zu tun ist, sagen sie. An einem Glühweinstand an der Schadowstraße hat bisher eine Person den Code benutzt, um sich Hilfe zu holen. Ein fremder Mann wollte eine 18-Jährige nicht in Ruhe lassen, erzählt Mitarbeiterin Sandra Hollender. Ihr Team habe sie zu dem Stand geholt und sich mit ihr unterhalten, so lange, bis der Mann verschwunden ist. „Ich finde das Programm absolut sinnvoll“, jede Person könne in eine Situation kommen, in der sie sich bedrängt fühlt, sagt die Mitarbeiterin.
An einem der Glühweinstände am Schadowplatz steht Nils Bürger. Er ist hauptberuflich Sozialarbeiter, fühlt sich aber nicht ausreichend geschult, um professionell zu reagieren. Sein Kollege gibt zu, noch nie etwas von dem Satz gehört zu haben. Bürger kritisiert, dass „Ist Luisa hier?“ bekannt ist – und so kein geheimer Code mehr. Er schlägt eine Werbekampagne auf Social Media vor, um gezielt nur Frauen über die Bedeutung aufzuklären.
Allerdings geht es bei dem Code nicht in erster Linie darum, die Bedeutung zu verschleiern – er soll durch seine Griffigkeit vor allem umständliche Erklärungen verhindern und schnelle Reaktionen möglich machen.
Auch Tim Rüthen, der im „Glühtürmchen zum Olli“ arbeitet, kannte den Satz „Ist Luisa hier?“ bisher nicht. Er gibt an, er würde in solchen Fällen seinen Chef fragen – dieser steht nur wenige Meter von ihm entfernt. Vor zwei Jahren hat er am Ausschank beobachtet, wie eine Frau belästigt wurde und hilfesuchend Blickkontakt aufnahm: „Ich bin sofort dazwischen gegangen.“
Ebenso hätte Peter von der Gothen vom Stand der Feuerzangenbowle gehandelt. Um Zivilcourage zu zeigen, brauche er keinen Code, sagt er. Er hat allerdings auch noch nichts von „Ist Luisa hier?“ gehört.
Den drei Mitarbeiterinnen vom Glühweinstand „Roter Hirsch“ ist „Ist Luisa hier?“ bekannt. Eine spezielle Schulung haben sie nicht erhalten. Auch sie würden ihre Chefin fragen, was zu tun ist, sollte der Fall auftreten. Lisa Klarrens kritisiert den Code. „Er ist sehr bekannt, auch die Männer wissen, was das bedeutet.“ Anders sieht es ihre Kollegin Lara Gonzalez: „Das Codewort kostet weniger Überwindung, als nach Hilfe zu fragen.“
In der Füchschen-Alm kennen alle Mitarbeiter den Code. Bis jetzt habe das noch niemand in Anspruch genommen. Um für Sicherheit zu sorgen, gibt es mehrere Security-Mitarbeiter. Wenn diese bemerken, dass jemand zu betrunken oder zu aufdringlich ist, werde er vorsorglich herausgebeten, erzählen sie im Gespräch. Bei sexueller Belästigung werde „sofort die Polizei gerufen“. Mitarbeiterin Chrissy Godelerz findet das Codewort grundsätzlich gut – fände aber eine geheimere Variante tatsächlich besser.
Lena Löwen von der Frauenberatungsstelle bedauert, dass die Kampagne noch nicht flächendeckend greift: „Erfahrungsgemäß braucht es bei Großveranstaltungen wie dem Japan-Tag, Karneval oder nun auch dem Weihnachtsmarkt immer wieder Anpassungen.“ Die Beratungsstelle habe Visitenkarten, Plakate und Infomaterial ausreichend zur Verfügung gestellt und das Angebot gemacht, die Mitarbeitenden der teilnehmenden Glühweinstände zu schulen, entweder persönlich oder online.
Gemeinsam mit D.Live solle nun besprochen werden, wie „eine optimalere Umsetzung der Kampagne erfolgen kann“. Der Ordnungs- und Sicherheitsdienst auf dem Weihnachtsmarkt sei ebenfalls über Handlungsmaßnahmen informiert, ergänzt eine Sprecherin von D.Live. Sowohl auf den Bannern in der Innenstadt als auch auf dem Social Media-Kanal des Veranstalters werde auf die Kampagne hingewiesen.