Die Soulsängerin spricht im Interview über die Lage der stark gebeutelten Live-Branche und die Verwertung von Musik vorbei am Künstler Joy Denalane: „Ich glaube, dass es bitter ausgeht“

BERLIN · . 2020 war ein Jahr, in dem man nicht ins Konzert ging, lieber netflixte, da man mit anderen nicht im Kino sitzen konnte. 2021 werden Blockbuster zeitgleich im Kino und per Streaming herausgebracht, das kündigte Filmverleiher Warner Bros jüngst an.

 Soulsängerin Joy Denalane glaubt, dass sich Künstler zusammentun müssen, um ihre Position zu stärken.

Soulsängerin Joy Denalane glaubt, dass sich Künstler zusammentun müssen, um ihre Position zu stärken.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Für Kinobetreiber ist es wie für viele andere Kulturschaffende eine extrem harte Zeit. Wir sprachen mit dem Wuppertaler Kinobetreiber XXX über den zweiten Lockdown, Existenz-Ängste und Hoffnungen für 2021.

Herr Mesaoudi, schon im Teil-Lockdown haben sie vorausgesehen, dass die Kinos im Dezember wohl nicht mehr öffnen werden. Wie geht es Ihnen jetzt – wo die Corona-Maßnahmen nochmals verschärft wurden? Wann werden die Kinos überhaupt wieder öffnen können?

 

Hat Streaming in diesen Zeiten das Kino abgelöst?

El Mesaoudi: Viele Filme erscheinen natürlich derzeit nur noch als Stream. Aber allen Krisensituationen zum Trotz: Das Streaming hat sicher tendenziell eher das Fernsehen angegriffen. Studien belegen, dass Netflix-Kunden auch regelmäßige Kinogänger sind. Die großen Häuser müssen sich vielleicht umstellen, aber das Arthouse-Kino hat einfach ein anderes Publikum.

Das Jahr fällt extrem deprimierend aus. Welche Filme konnten Sie überhaupt in den kurzen Wochen im Sommer zeigen?

El Mesaoudi: Im Rex waren wir natrülich mit den gesellschaftlichen oder politischen Filmen sehr stark. Ich erinnere an die Black-Lives-Matter-Filmreihe  im Sommer. Das ist unsere Stärke. Wir wollen den Leuten den Film näher bringen und haben noch viele Ideen. Film wirkt ja bei jedem anders. Aber am Ende wirkt er. Egal wie. Wir wollen nicht unter dem Radar Kino machen, sondern wir wollen, dass das Publikum wieder kommt. 

Viele Kinos werden wohl nach dem zweiten Lockdown nicht wieder öffnen. Wie lief dieses Jahr für Sie?

El Mesaoudi: Mit dem zweiten Lockdown und den dramatisch steigenden Zahlen haben wir in der Tat nicht gerechnet. Die gesamte Branche hatte seine Kapazitäten vor dem ersten Lockdown bereits halbieren müssen. Dann gab es die Wiedereröffnungsphase am 2. Juli und auch da haben wir uns stärker eingeschränkt, als wir es mussten. Wir haben einen Online-Verkauf angeboten, Erfassungsbogen verteilt. Viele Plätze haben wir zusätzlich frei gehalten. Das Publikum fühlte sich sicher.

Bei 75 Prozent der Infektionen weiß man nicht, woher sie kommen.

El Mesaoudi: Jetzt ist das wohl so. Aber es gab nicht einen einzigen bekannten Corona-Fall in einem Kino. Sogar weltweit nicht. Wir haben in unseren Kinos Lüftungsanlagen, die Frischluft reindrücken und alte Luft rausziehen, die Aerosole ziehen nach oben ab. Zudem haben wir im Mai bessere Filter eingebaut, Desinfektionsstationen eingerichtet, die Film-Zeiten entzerrt. Der Teil-Lockdown war dann für uns ein Schlag ins Gesicht.

Gab es denn in diesem Jahr überhaupt einen guten Kino-Monat?

El Mesaoudi: Der Oktober war eigentlich ganz gut. Aber aufgrund der Einschränkungen konnten wir nicht so viel Karten verkaufen. Die wirtschaftlichen Hilfen halten uns gerade so über Wasser. Wir bekommen 75 Prozent der Umsatzes von November und Dezember 2019 plus Kurzarbeitergeld. 25 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Wir leben ein Stück weit davon, dass wir ein gutes Team sind.

Dabei sind die Wintermonate normalerweise die wichtigsten.

El Mesaoudi: Ja, zwischen November und Februar machen wir die Gewinne, um für das nächste Jahr vorbereitet zu sein. Ich habe keine Ahnung, wie es 2021 weitergehen wird.  Und selbst wenn wir wieder aufmachen dürfen, wird es mit Einschränkungen sein. Das heißt, wir können gar nicht die Besucherzahl erreichen, die wir brauchen., damit wir optimistischer ins Jahr 2021 gehen können. Der zweite Lockddown ist definitiv der größere Rückschlag.

Wie groß ist die existenzielle Bedrohung?

El Mesaoudi:

Kultur ist das Selbstveständins des Menschen. Das ist schon hart. perpektisch gesehen ist das eine Riesen-Heruasforderung.

Wir wollen mit beiden Häusern weitermachen, perspektivisch gesehen ist das eine Riesen-Herausforderung. Aber das ist unser erklärtes Ziel. Wenn mir jemand im April gesagt hätte, wir müssen im November noch mal für zwei Monate oder länge schließen, hätte ich das für sehr unwahrscheinlich gehalten. Wir werden weitermachen, nicht aufgeben.

Also Kino wird nicht zu den Dingen gehören, die mit Corona einfach so verschwinden.

El Mesaoudi: Nein, wir sind nicht abkömmlich. Wir müssen zeigen, wie wichtig Kino ist. Das würde ich mir für 2021 wünschen. Film ist für mich die wichtigste Kunstform. Sobald sie sich einen Film anschauen, beginnt die Reise. Da entsteht etwas. Das müssen wir wieder zeigen. Das ist das, was Kino kann. Das findet sich im Wohnzimmer nicht.