Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigt Krefelder Staatsanwaltschaft: Fakten reichen nicht für eine Anklage Colonia Dignidad: Sektenarzt Hartmut Hopp bleibt straffrei

Die Ermittlungen gegen Hartmut Hopp, einst Arzt der berüchtigten Sekte Colonia Dignidad in Chile, bleiben eingestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat sich hinter die Entscheidung der Krefelder Staatsanwaltschaft gestellt und eine Beschwerde gegen die Einstellung zurückgewiesen, wie ein Behördensprecher am Mittwoch mitteilte.

2017 hat Hartmut Hopp im Gespräch mit der Krefelder WZ-Redaktion seine Sicht der Dinge geschildert.

Foto: ja/Jochmann, Dirk (dj)

Auch die Prüfung neuer, erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachter Tatsachen habe zu keinem anderen Ergebnis geführt. Die Verdachtsmomente gegen Hopp seien nicht ausreichend, um ihn vor Gericht zu stellen.

Vor einem Jahr war die Krefelder Staatsanwaltschaft bereits zu dem Schluss gekommen, dass sich trotz erheblichen Aufwands kein hinreichender Tatverdacht ergeben habe. Konkrete Hinweise auf Hopps Mitwirkung an Straftaten in Chile seien nicht festzustellen gewesen.

Siebeneinhalb Jahre lang hatte die Krefelder Behörde gegen den inzwischen 76-Jährigen ermittelt. 2011 waren mehrere Strafanzeigen eingegangen. Hopp war unter anderem Beihilfe zu sexuellem Kindesmissbrauch vorgeworfen worden, außerdem eine Beteiligung an der Ermordung chilenischer Regimegegner und Zwangsmedikation mit Psychopharmaka. Es seien zahlreiche Zeugen zum Teil auch in Chile vernommen und alle erfolgversprechenden Ermittlungsansätze ausgeschöpft worden.

2011 setzte sich der verurteilte Hopp nach Deutschland ab

Hopp war in Chile wegen Beihilfe zum Kindesmissbrauch verurteilt worden. Der Mediziner hatte sich 2011 nach Deutschland abgesetzt, bevor die in Chile gegen ihn verhängte fünfjährige Haftstrafe rechtskräftig wurde. Er wohnte zumindest zeitweise in Krefeld.

Weil er als Deutscher nicht ausgeliefert werden darf, hatte Chile beantragt, dass er die fünfjährige Haftstrafe in Deutschland verbüßt. Doch das hatte das Düsseldorfer Oberlandesgericht verhindert: Das im Urteil der chilenischen Justiz dargestellte Verhalten Hopps sei nach deutschem Recht nicht strafbar.

In den chilenischen Urteilsgründen seien keine konkreten Handlungen Hopps genannt, die eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Kindesmissbrauch rechtfertigten, betonten die Richter. Hopp habe Sekten-Chef Paul Schäfer keine Kinder zugeführt. Der Arzt habe die Klinik der Siedlung geleitet und nicht das Internat, in dem die Kinder missbraucht wurden.

Hopp hatte über seinen Anwalt mitteilen lassen: „Ich finde es abscheulich, was in der Colonia Dignidad an Grausamkeiten geschehen ist.“ Diese seien von ihm und der großen Mehrheit der ehemaligen Bewohner aber niemals vermutet worden.

Hopp zählte zum Führungskreis um den deutschen Colonia Dignidad-Gründer Paul Schäfer. Bekannt wurde die Siedlung, weil dort während der Militärdiktatur in Chile (1973-1990) unter Augusto Pinochet politische Häftlinge gefoltert und ermordet wurden. Schäfer wurde 2006 wegen Kindesmissbrauchs in Chile zu 20 Jahren Haft verurteilt und starb dort 2010 im Gefängnis.

Die von deutschen Auswanderern gegründete Siedlung, später in Villa Baviera umbenannt, liegt rund 350 Kilometer südlich von Santiago de Chile. Die deutsche Sekte war Anfang der 1960er Jahre aus Siegburg bei Bonn ausgewandert.

Das Auswärtige Amt erkennt an, dass deutsche Diplomaten zu wenig für den Schutz ihrer Landsleute in Chile getan haben. Rechtliche Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland sind nach Meinung der Bundesregierung aber dadurch nicht entstanden. Gleichwohl gibt es seit Mai 2019 einen Hilfsfonds, den eine Kommission von Bundestag und Bundesregierung eingerichtet hat. Als Zeichen der Anerkennung ihrer Leidensgeschichte erhalten demnach Opfer der Colonia Dignidad finanzielle Unterstützung aus der Bundesrepublik. Sie sollen möglichst schnell und unbürokratisch bis zu 10 000 Euro pro Person bekommen können. Die Gesamtkosten werden auf 3,5 Millionen Euro für fünf Jahre beziffert. Im Mai 2020 hieß es in Berlin, 112 000 Euro seien ausgezahlt. Jüngere Angaben gibt es nicht. re/dpa